03.12.2024
03.12.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 32925

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Oberlandesgericht Oldenburg Urteil20.04.2023

Zweiein­halb­jähriger baut schweren Autounfall - Mutter muss haftenAufsichts­pflicht­verletzung aufgrund Alleinlassen des Kindes im Auto

Kommt es zu einem Unfall, weil ein allein im Fahrzeug zurück­ge­lassenes Kleinkind dieses startet, so sind dessen Eltern wegen der Verletzung ihrer Aufsichts­pflicht zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens verpflichtet. Das hat das Oberlan­des­gericht Oldenburg entschieden.

Die beklagte Kindesmutter war mit ihrem 2 ½-jährigen Sohn bei einer Familienfeier im Landkreis Osnabrück, an der auch ihre eigene Mutter, die Großmutter des Kindes, teilnahm. Gegen Schluss der Veranstaltung setzte sie das Kind in den Kindersitz auf dem Beifahrersitz, schnallte es zunächst nicht an und ging noch einmal ins Haus. Der Junge krabbelte vom Kindersitz, nahm den Autoschlüssel, den die Mutter auf das Armaturenbrett gelegt hatte, und startete den Wagen. Das Auto machte einen Satz nach vorn und verletzte die Großmutter des Kindes, die ca. 1,5 Meter entfernt auf einer Bank saß. Sie erlitt schwere Verletzungen beider Kniegelenke und musste umfangreich im Krankenhaus behandelt werden.

Krankenkasse verklagt Kindesmutter

Die Krankenkasse der Großmutter nahm die Kindesmutter vor dem Landgericht Osnabrück in Anspruch. Die Krankenkasse argumentierte, die Kindesmutter habe ihre Aufsichts­pflicht verletzt. Die Kindesmutter meinte, mit dem Verhalten des Kindes sei nicht zu rechnen gewesen. Das Starten des Wagens sei eine komplexe Abfolge von Handlungen. Sie selbst sei auch nur ein, zwei Minuten weggewesen. Die Fahrzeugtüren habe sie weit offen gelassen. Das Landgericht Osnabrück folgte der Argumentation der Mutter und wies die Klage ab. Es liege eine ganz außer­ge­wöhnliche Kausalkette vor, mit der ein umsichtiger Elternteil nicht zu rechnen brauche.

OLG: Ganz erhebliche Gefahr geschaffen

Dagegen wandte sich die Krankenkasse mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin eine Verurteilung der Kindesmutter anstrebte. Sie hatte jetzt vor dem Oberlan­des­gericht Erfolg. Der Senat bejahte eine Haftung der Kindesmutter. Die Kindesmutter sei für das Kind aufsichts­pflichtig. Dabei bestimme sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach den Umständen des Einzelfalles und erhöhe sich mit der Gefahr­träch­tigkeit der konkreten Situation. Kleinkinder bedürften generell ständiger Aufsicht. Die Kindesmutter habe durch das Alleinlassen des Kindes im Auto – und Zurücklassen des Autoschlüssels – eine ganz erhebliche Gefahr geschaffen. Das weitere Geschehen sei auch nicht völlig außergewöhnlich gewesen. Kleine Kinder griffen erfahrungsgemäß gern nach Schlüsseln und versuchten, sie in Schlösser hineinzustecken und die Erwachsenen nachzuahmen. Die Kindesmutter hätte das Kind im Kindersitz anschnallen, die Schlüssel mitnehmen, oder jemanden mit der Beaufsichtigung beauftragen müssen. Die Kindesmutter muss jetzt für den Schaden einstehen. Der genaue Umfang des Schaden­s­er­satzes muss noch geklärt werden.

Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg, ra-online (pm/ab)

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