Dokument-Nr. 33183
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- RRa 2023, 121Zeitschrift: Reiserecht aktuell (RRa), Jahrgang: 2023, Seite: 121
- Landgericht Halle, Urteil17.05.2023, 3 O 159/21
Oberlandesgericht Naumburg Urteil02.03.2023
Ministererlass zur Absage von Klassenfahrten anlässlich der Corona-Pandemie rechtfertigt allein keinen kostenfreien ReiserücktrittUmstände des Einzelfalls sind zu berücksichtigen
Ein Ministererlass, der anlässlich der Corona-Pandemie die Durchführung von Klassenfahrten verbietet, rechtfertigt allein keinen kostenfreien Reiserücktritt. Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, insbesondere auf die pandemische Lage am Reiseort. Dies hat das Oberlandesgericht Naumburg entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall klagte seit dem Jahr 2021 eine Reiseveranstalterin vor dem Landgericht Halle gegen das Land Sachsen-Anhalt auf Zahlung einer Entschädigung nachdem mehrere Klassenfahrten nach einem Ministererlass wegen der Corona-Pandemie abgesagt wurden. So wurden im April/Mai 2020 Klassenfahrten nach Ungarn und Mecklenburg-Vorpommern für Juli 2020 storniert. Das Landgericht wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung der Klägerin.
Anspruch auf Entschädigung nach Reisestornierung
Das Oberlandesgericht Naumburg entschied zu Gunsten der Klägerin. Ihr stehe gemäß § 651 h Abs. 1 Satz 3 BGB ein Anspruch auf Entschädigung zu. Zwar könne die Corona-Pandemie einen Umstand darstellen, der grundsätzlich geeignet sei, die Durchführung von Klassenfahrten erheblich zu beeinträchtigen und somit einen Entschädigungsanspruch zu verneinen. Ob eine pandemische Lage am Reiseort eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise zur Folge hat, lasse sich aber nicht pauschal beantworten. Maßgeblich seien die Umstände des jeweiligen Falles, insbesondere die Gefahren, die den Reisenden bei Durchführung der Reise drohen.
Keine Unzumutbarkeit der Reise zum Zeitpunkt der Rücktritte
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts seien zur Zeit der jeweiligen Rücktritte und bezogen auf die jeweiligen Reiseziele positive Veränderungen in der Zeit bis zum Reiseantritt nicht so fernliegend gewesen, dass die Durchführung der Reisen zum Zeitpunkt der jeweiligen Rücktritte mit erheblicher Wahrscheinlichkeit unzumutbar gewesen wären. Die Lage sei vielmehr ungewiss gewesen. Eine Besserung der Reisebedingungen sei nicht unwahrscheinlicher als eine Verlängerung der Beschränkungen gewesen. Es habe zudem noch ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, um den Ablauf der Befristung der Beschränkungen abzuwarten.
Ministererlass rechtfertigt keine kostenfreie Reisestornierung
Der Ministererlass habe nach Ansicht des Oberlandesgerichts alleine nicht zu einem entschädigungslosen Rücktritt berechtigt, weil das Verbot von Klassenfahrten auch ohne konkrete Prüfung der Verhältnisse am Zielort galt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 18.08.2023
Quelle: Oberlandesgericht Naumburg, ra-online (zt/RRa 2023, 121/rb)
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