18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 14826

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Urteil11.05.2012Oberlandesgericht Naumburg10 U 44/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • IMR 2012, 466Zeitschrift: Immobilien- und Mietrecht (IMR), Jahrgang: 2012, Seite: 466
  • MDR 2013, 34Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 34
  • VersR 2013, 66Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2013, Seite: 66
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Vorinstanz:
  • Landgericht Magdeburg, Urteil27.10.2011, 5 O 926/11
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Naumburg Urteil11.05.2012

Winterdienst: Geringere Anforderungen an die Streubreite bei einem privaten ZugangswegDurch­gangs­breite für einen Fußgänger genügt

Der Zugangsweg zu einer Wohnung auf einem Privat­grundstück ist in einer Durch­gangs­breite zu streuen, die für die Begehung durch eine Person ausreicht. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Naumburg hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger begehrte von der Beklagten Schmerzensgeld wegen eines Glatteisunfalls. Er kam auf dem privaten Zugangsweg zum Haus der Beklagten zu Fall. Der Weg war nicht komplett gestreut. Dies war dem Kläger auch bekannt. Das Landgericht Magdeburg wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Klägers.

Schaden­er­satz­an­spruch wegen Glatteisunfall bestand nicht

Das Oberlan­des­gericht Naumburg entschied gegen den Kläger. Ihm habe kein Anspruch auf Schadenersatz gemäß § 823 Abs. 1 BGB zugestanden. Eine Verletzung der Streupflicht durch die Beklagte habe nicht festgestellt werden können. Zur Unfall­ver­meidung seien nur diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die im Einzelfall nach den Erwartungen des Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren abzuwenden. Eine Verkehrs­si­cherung, die jeden Unfall ausschließe, sei nicht zu erreichen. Der Verkehrs­si­che­rungs­pflichtige müsse daher nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schaden­ein­tritts Vorsorge treffen oder den optimalen Zustand eines Weges herstellen (vgl. BGH, Urteil v. 16.05.2006 - VI ZR 189/05 - = NJW 2006, 2326). Bei der Streupflicht wegen Eisglätte seien insbesondere die Verkehrs­be­deutung des Weges und der Umfang der üblichen Benutzung zu berücksichtigen. Es seien nur diejenigen Gefahren auszuschließen, die ein sorgfältiger Fußgänger nicht oder nicht rechtzeitig erkennen könne. Für Gehwege, Fußgängerzonen und auf belebten Fußgän­ge­r­überwegen bedeute dies, dass in einer Breite von etwa 1,20 bis 1,50 m gestreut werden müsse. Auf einem nur wenige Male am Tag genutzten privaten Zugangsweg zu einem Haus sei nur eine Durch­gangs­breite erforderlich, die für die Begehung durch eine Person ausreiche. So habe der Fall hier gelegen.

Ausschluss des Anspruchs wegen Mitverschuldens des Klägers

Darüber hinaus habe nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts ein Mitverschulden des Klägers an dem Unfall vorgelegen, so dass auch aus diesem Grund kein Anspruch auf Schadenersatz bestanden habe (§ 254 Abs. 1 BGB). Für den Kläger sei es erkennbar gewesen, dass der Weg nicht bzw. nur unzureichend gestreut war. Er hätte sein Gehverhalten daher den erkannten Verhältnissen anpassen und besondere Vorsicht walten lassen müssen.

Kläger muss mangelnde Bestreuung und Sturz beweisen

Der Kläger müsse als Geschädigter beweisen, dass ein Glättezustand im Verant­wor­tungs­bereich des Streu­pflichtigen bestanden habe und er innerhalb der zeitlichen Grenzen der Streupflicht gestürzt sei (vgl. BGH, Urteil vom 04.10.1983, VI ZR 98/82 = VersR 1984, 40), so das Oberlan­des­gericht weiter. Stehe aber die fehlende Bestreuung des Weges fest und kommt ein Fußgänger auf diesem Weg zu Fall, so bestehe ein sogenannter Anscheinsbeweis dafür, dass der Unfall infolge der Glätte passiert ist. Dies folge daraus, dass nach der Lebenserfahrung mit einem Sturz auf einer nicht bestreuten Eisfläche zu rechnen sei. Dies gelte aber dann nicht, wenn feststehe, dass der Weg bestreut war. In dem Sturz eines Fußgängers auf einem schneebedeckten und gestreuten Weg liege für sich genommen noch nicht der Beweis des ersten Anscheins für die Verletzung der Streupflicht durch den Verkehrs­si­che­rungs­pflichtigen. Denn nach der Lebenserfahrung seien Unfälle infolge Winterglätte auch auf gestreuten bzw. von Schnee geräumten Wegen nicht auszuschließen.

Quelle: Oberlandesgericht Naumburg, ra-online (vt/rb)

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