18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Naumburg Urteil05.10.2012

Schaden­s­er­satz­an­spruch aufgrund eines Schlaglochs von 20 cm TiefeSofortige Siche­rungs­maß­nahmen sind erforderlich

Weist eine vielbefahrene Hauptstraße ein Schlagloch von 20 cm Tiefe auf, so sind vom Straßen­bau­last­träger sofortige Siche­rungs­maß­nahmen auszuführen. Das Aufstellen von Warnschildern genügt nicht. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Naumburg hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Januar 2011 wurde gegen 17.30 Uhr ein Auto durch zwei Schlaglöcher auf einer vielbefahrenen Straße beschädigt. Die beiden großflächigen Schlaglöcher waren 16 bzw. 20 cm tief. Die zuständige Gemeinde als Straßen­bau­last­trägerin wusste von den Schlaglöchern. Sicherungsmaßnahmen hat sie nicht ausgeführt. Der klägerische Autofahrer verlangte nunmehr Schadensersatz. Das Landgericht Halle gab der Klage mit der Begründung statt, die Gemeinde habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem sie trotz der ihr bekannten Schlaglöcher keine Siche­rungs­maß­nahmen vornahm. Die Gemeinde legte dagegen Berufung ein.

Gemeinde hat für Schaden gehaftet

Das Oberlan­des­gericht Naumburg entschied gegen die Gemeinde. Diese habe gemäß § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG für den Schaden des Autofahrers gehaftet. Denn sie habe ihre Verkehrs­si­che­rungs­pflicht wegen der unzureichenden Sicherung der Schlaglöcher in schwerwiegender Weise schuldhaft verletzt.

Sofortige Sperrung wäre notwendig gewesen

Nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts wäre, angesichts einer Schlaglochtiefe von 20 cm und der Verkehrs­be­deutung der Straße, das bloße Aufstellen von Warnschildern oder eine drastische Geschwin­dig­keits­re­du­zierung nicht ausreichend gewesen. Solche Maßnahmen signalisieren dem Autofahrer nämlich, dass die Gefahrenstelle mit besonderer Vorsicht und langsam befahrbar sei. Dies sei jedoch bei einer Schlaglochtiefe von 20 cm nicht der Fall. Die Gemeinde hätte daher die Gefahrenstelle sofort sperren oder beseitigen müssen.

Dann erwiesen sich die genannten Gefahrschilder und Geschwin­dig­keits­re­du­zie­rungen letztlich als trügerisch, denn die Gefahrstelle sei eben nicht mit angepasster, wesentlich reduzierter, besonders vorsichtiger Fahrweise gefahrlos passierbar. Eine ordnungsgemäße Befahrbarkeit der Straße müsse in jedem Fall gewährleistet sein (vgl.: OLG Celle, Urteil v. 08.02.2006 - 8 U 199/06; OLG Koblenz, Urteil v. 03.03.2008 - 12 U 1255/07).

Entscheidung ist nicht zu verallgemeinern

Dies bedeute jedoch nicht, so das Oberlan­des­gericht weiter, dass generell erst bei einer Tiefe des Schlaglochs von 20 cm eine Verletzung der Verkehrs­si­che­rungs­pflicht in Betracht komme. Auch der umgekehrte Fall, wonach bei einer Schlaglochtiefe von weniger als 20 cm generell eine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht­ver­letzung ausscheide, sei nicht zu verallgemeinern. Es komme immer auf den Einzelfall an.

Mitverschulden des Autofahrers lag nicht vor

Dem Autofahrer sei nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts kein Mitverschulden gemäß § 254 BGB anzulasten gewesen. Da die Schlaglöcher sehr schlecht erkennbar waren, habe kein schuldhafter Verstoß gegen das Sichtfahrgebot des § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO vorgelegen. Ebenso sei die Betriebsgefahr des klägerischen Pkw hinter das schwerwiegende Verschulden der Gemeinde vollständig zurückgetreten.

Quelle: Oberlandesgericht Naumburg, ra-online (vt/rb)

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