18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Koblenz Urteil03.03.2008

20 cm tiefes Schlagloch auf der Autobahn – Land haftet aufgrund Verletzung der Verkehrs­si­che­rungs­pflichtAllgemeine Hinweisschilder auf Straßenschäden bei schwerwiegenden Schäden der Fahrbahn nicht ausreichend

Wird ein Auto aufgrund von Schlaglöchern im Asphalt einer Straße beschädigt, haftet das Land für den Schaden, wenn es seiner Verkehrs­si­che­rungs­pflicht nicht ausreichend nachgekommen ist. Das Aufstellen von Warnschildern, die auf eine schlechte Fahrbahn hinweisen, ist bei Schlaglöchern von 20 cm Tiefe nicht ausreichend. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Koblenz.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls fuhr mit seinem Fahrzeug auf der Autobahn. Die Fahrbahn war bekanntermaßen schadhaft und wurde regelmäßig von Strecken­kon­tol­leuren nach Löchern im Fahrbahnbelag kontrolliert, Warnschilder mit dem Hinweis: "Straßenschäden auf 5 km Länge" wiesen auf eine schlechte Fahrbahn hin. Eine Beschränkung der zulässigen Höchst­ge­schwin­digkeit wurde nicht angeordnet. Am Unfalltag wirbelte ein dem Klägerfahrzeug vorausfahrendes Auto große Asphaltbrocken aus der bereits provisorisch sanierten Fahrbahn auf. Die herumfliegenden Asphaltteile beschädigten mehrere Fahrzeuge, darunter auch das des Klägers. An der Unfallstelle hatte sich ein 20 cm tiefes Schlagloch gebildet, das entweder schon vorher vorhanden war oder durch das vorausfahrende Fahrzeug verursacht worden war. Der Kläger war der Auffassung, dass das beklagte Land schuldhaft seine Verkehrssicherungspflicht verletzt habe und verlangte Schadensersatz für die Reparatur seines Fahrzeugs.

Land hat nach eigener Auffassung Verkehrs­si­che­rungs­pflicht ausreichend erfüllt

Das Land sah dies nicht so. Es hielt die Aufstellung von Warnschildern als Siche­rungs­maßnahme für ausreichend. Zudem hätten Streckenposten die Straße am Vortag an der fraglichen Stelle mit Kaltasphalt ausgebessert. Ein Schlagloch von 20 cm Tiefe sei daher nicht nachvollziehbar.

Schlagloch großen Ausmaßes nach angeblich kurz zuvor erfolgten Repara­tur­maß­nahmen nicht möglich

Das Landgericht Bad Kreuznach folgte dieser Auffassung nicht. Der beauftragte Sachverständige hielt es für gänzlich unwahr­scheinlich, dass nach einer frischen Repara­tur­maßnahme mit Kaltasphalt in so kurzer Zeit ein Schlagloch diesen Ausmaßes entstehen konnte. Daher sei davon auszugehen, dass die konkrete Stelle nicht am Tag vor dem Unfall ausgebessert worden sei. Entsprechend haben das beklagte Land seine Kontroll­pflichten im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Straßen­ver­kehrs­si­che­rungs­pflicht verletzt.

Kein Mitverschulden des Autofahrers

Auch ein Mitverschulden könne dem Kläger nicht zugerechnet werden, da nicht erkennbar sei, in welcher Weise er den Schaden durch die aufgewirbelten Asphaltteile hätte verhindern können.

Land muss Verkehrs­teil­nehmer vor unvermuteten Gefahrenquellen bewahren

Die Revision des beklagten Landes blieb vor dem Oberlan­des­gericht Koblenz erfolglos. Das Oberlan­des­gericht bestätigte die Ausführungen des Landgerichts und wies darauf hin, dass das Land im Rahmen seiner Verkehrs­si­che­rungs­pflicht dazu angehalten ist, den Verkehr auf Straßen - soweit dies mit zumutbaren Mitteln geschehen kann - gefahrlos zu gestalten und den Verkehrs­teil­nehmer vor unvermuteten Gefahrenquellen zu bewahren oder zumindest ausreichend vor diesen zu warnen. Zwar müsse sich der Straßenbenutzer den gegebenen Straßen­ver­hält­nissen anpassen, doch der Verkehrs­si­che­rungs­pflichtige müsse aber gerade die Gefahren ausräumen, die trotz entsprechender Sorgfalt des Straßen­be­nutzers nicht rechtzeitig erkennbar sind.

Konkrete Warnhinweise und Herabsetzung der Höchst­ge­schwin­digkeit hätte auf vorhandene Gefahrenstellen hinweisen müssen

Sofern also für das Land keine Gesamtsanierung des schadhaften Autobahn­teil­stücks möglich gewesen sei, hätte durch konkretere Warnhinweise und das Herabsetzen der zulässigen Höchst­ge­schwin­digkeit auf vorhandene Gefahrenstellen hingewiesen und Herauslösungen von Asphalt aus der Fahrbahn vorgebeugt werden müssen. Allgemeine Hinweisschilder auf Straßenschäden seien bei derartigen Schäden der Fahrbahn nicht mehr ausreichend, um die Verkehrs­si­che­rungs­pflicht ordnungsgemäß zu erfüllen.

Quelle: ra-online (vt/ac)

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