14.11.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 12843

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Urteil30.12.2011Oberlandesgericht MünchenKap 1/07
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Oberlandesgericht München Urteil30.12.2011

Bank und Initiator haften für Prospektfehler bei Medienfonds VIP 4Musterentscheid öffnet Medienfonds-Anlegern Klageweg für Schadenersatz

Mit Musterentscheid vom 30.12.2011 hat der Senat für Kapitalanleger-Musterverfahren des Oberlan­des­ge­richts München zugunsten zahlreicher Anleger festgestellt, dass der Prospekt des Medienfonds VIP 4 teilweise unrichtig, unvollständig und irreführend ist und sowohl die UniCreditbank als auch der Fondsinitiator für die erkannten Prospektfehler verantwortlich sind.

Am 26.03.2004 hatte die VIP Vermö­gens­be­ratung München GmbH für die Beteiligung an der Film & Entertainment VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG einen Prospekt veröffentlicht, der den potentiellen Anlegern dieses Fonds Einzelheiten der Anlage verdeutlichen sollte und in der Folge bei der Einwerbung von Anlegern auch zum Einsatz kam. Wie das Oberlan­des­gericht nach Beweisaufnahme nunmehr festgestellt hat, ist der Prospekt insoweit unrichtig, unvollständig und irreführend, als das steuer­rechtliche Anerken­nungs­risiko, das Verlustrisiko und die Progno­se­rechnung fehlerhaft dargestellt worden sind. Das Oberlan­des­gericht hat darüber hinaus entschieden, dass der Musterbeklagte zu 1) – Herr Andreas Schmid - und die Musterbeklagte zu 2) – die UniCredit Bank AG, die früher als Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG firmierte - hierfür verantwortlich sind, sie schuldhaft gehandelt haben und den Anlegern ein Anspruch auf Schadenersatz zustehen kann.

Umgehungs­ge­schäft im Sinne des § 42 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO)

Das Oberlan­des­gericht ist in seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass die Musterbeklagten maßgeblich daran beteiligt waren, dass die Überweisungen der Gelder von der Fonds­ge­sell­schaft an die beteiligten Firmen abweichend von den Vorschriften des Prospekts erfolgten. Der Senat wertete das gesamte Vorgehen als sogenanntes Umgehungs­ge­schäft im Sinne des § 42 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Dies bedeutet, dass die zu Grunde liegenden Geschäfte rechtlich und wirtschaftlich wirksam sind, sie aber in steuer­recht­licher Hinsicht nicht anerkannt werden, da ein Missbrauch der rechtlichen Gestal­tungs­mög­lich­keiten vorliegt. Davon ist auszugehen, wenn die gewählte vertragliche Gestaltung zur Erreichung des erstrebten wirtschaft­lichen Ziels unangemessen ist.

Nur ca. 20 % der Fondsgelder flossen in die Filmproduktion

Nach den Feststellungen des Oberlan­des­ge­richts flossen nur ca. 20 % der Fondsgelder in die Filmproduktion. Mit den restlichen ca. 80 % sollte dagegen ein reines Einla­gen­ge­schäft bei einer Bank getätigt werden. Die Fonds­ge­sell­schaft sollte im Jahre 2014 einen festen Betrag erhalten, unabhängig von dem wirtschaft­lichen Erfolg der Filme. Ein derartiges Einla­gen­ge­schäft wäre aber steuerlich nicht als unter­neh­me­rische Beteiligung mit einer großen Verlust­zu­weisung an die Anleger anerkannt worden. Aus diesem Grund wurden die Verträge so gestaltet, dass die Gelder über diverse Firmen geleitet werden konnten, die sich mit der Filmproduktion befassten. Einen realistischen wirtschaft­lichen Hintergrund hatte dies zur Überzeugung des Senats aber nicht. In steuer­recht­licher Hinsicht sind diese Vertrags­ge­stalt­lungen daher nicht anzuerkennen.

Verlustrisiko wurde gegenüber den Anlegern verharmlost

Darüber hinaus wurde, wie der Senat festgestellt hat, das tatsächlich bestehende Verlustrisiko gegenüber den Anlegern verharmlost. Der Fonds wurde als „Garantiefonds“ bezeichnet, obwohl es keine Garantie gegenüber den Anlegern gab. Im Text wird wiederholt die Formulierung verwandt „Absicherung von 115 % des Komman­dit­ka­pitals“, obwohl keine derartige Absicherung existierte.

Progno­se­rechnung fehlerhaft

Auch die Progno­se­rechnung, die die Gewinnerwartung der Anleger beschreibt, hat der Senat als fehlerhaft eingestuft. Sie ist rechnerisch unrichtig und enthält eine Gewinnprognose, die mit großen Risiken behaftet ist. Mit dem eingesammelten Geld der Anleger sollte die erste Investition getätigt werden. Ausschüttungen sollten nicht erfolgen, sondern die Gewinne sollten reinvestiert werden. Die Gewinnprognose baut auf einer Vielzahl von diesen Re-Investitionen auf. Floppen die ersten Filmpro­duk­tionen, steht kein Geld mehr für die folgenden Re-Investitionen zur Verfügung und die gesamte Gewinnprognose bricht zusammen.

Die in dem Musterentscheid aufgeworfenen Fragen sind damit verbindlich für alle in der Bundesrepublik bei den Gerichten anhängigen Klagen um den Medienfonds VIP 4 geklärt, soweit sie auf Prospekthaftung gestützt werden.

Entscheidung nicht rechtskräftig

Die Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Alle Beteiligten können, soweit sie ihre Feststel­lungsziele nicht erreicht haben, Rechts­be­schwerde zum Bundes­ge­richthof erheben.

Quelle: ra-online, Oberlandesgericht München

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