18.10.2024
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Oberlandesgericht München Beschluss05.02.2013

Keine Zulassung zum automatisierten Grund­bucha­b­ruf­ver­fahren für Gerichts­voll­zieherGerichts­voll­zieher weder selbst eine "Behörde" im Sinne der genannten Vorschrift, noch "Teil einer Behörde"

Einem Gerichts­voll­zieher ist die Zulassung zum automatisierten Grund­bucha­b­ruf­ver­fahren zu versagen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts München.

Auch die bayerischen Gerichtsvollzieher wollen von den Segnungen des Compu­ter­zeit­alters profitieren. Ein Haupt­ge­richts­voll­zieher mit Dienstsitz in Ingolstadt beantragte deshalb die Zulassung zum sogenannten unein­ge­schränkten Abrufverfahren nach § 133 Abs. 2 Satz 2 Grund­buch­ordnung. Ohne große Mühen, ohne zeitliche Verzögerung und ohne vorherige Einzel­fa­ll­prüfung durch das Grundbuchamt lassen sich auf diese Weise nämlich mittels Online-Datentransfer Informationen beschaffen, auf die auch Gerichts­voll­zieher gerne zurückgreifen.

Gerichts­voll­zieher wehrt sich gegen Rechtmäßigkeit des Ableh­nungs­be­scheids

Dem musste das Oberlan­des­gericht München nun aber einen Riegel vorschieben. Nachdem schon zuvor der Freistaat Bayern, der die Zulas­sungs­stelle für das automatisierte Grund­bucha­b­ruf­ver­fahren bei der Gemeinsamen IT-Stelle der bayerischen Justiz eingerichtet hat, den Antrag mit Bescheid vom 18.9.2012 zurückgewiesen hatte, unterlag der wackere Gerichts­voll­zieher nun auch vor dem Oberlan­des­gericht München, an das er sich mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Ableh­nungs­be­scheides gewandt hatte.

Gerichts­voll­zieher kein Bestandteil einer Behörde bzw. eines Gerichts im Sinne der Vorschrift

Das Oberlan­des­gericht München hielt den Antrag für unbegründet. Zurecht sei die Zulas­sungs­stelle davon ausgegangen, dass § 133 Abs. 2 Satz 2 GBO nicht die Möglichkeit eröffnet, Gerichts­voll­zieher zum unein­ge­schränkten Abrufverfahren zuzulassen. Diese Regelung enthalte eine abschließende Aufzählung der Personen und staatlichen Institutionen, bei denen dies möglich ist. Die Auffassung des Antragstellers, er sei als Beamter und Angehöriger des Amtsgerichts Bestandteil einer Behörde bzw. eines Gerichts im Sinne der genannten Vorschrift, treffe nicht zu.

Sachliche Unabhängigkeit des Gerichts­voll­ziehers bei seiner Tätigkeit nicht gegeben

Der Begriff "Gericht" in § 133 Abs. 2 Satz 2 GBO sei im funktionellen Sinne zu verstehen. Nur den sachlich unabhängigen Justizorganen, die im Rahmen einer ihnen vom Gesetz zugewiesenen Befugnis tätig werden, könne die Genehmigung zum unein­ge­schränkten Grund­bucha­b­ruf­ver­fahren erteilt werden. Die sachliche Unabhängigkeit des Gerichts­voll­ziehers bei seiner Tätigkeit sei nicht gegeben. Er handle zwar selbständig und eigen­ver­ant­wortlich, aber nicht sachlich unabhängig und unterstehe der Dienstaufsicht des Amtsge­richts­prä­si­denten bzw. Amtsge­richts­di­rektors.

Gerichts­voll­zieher treten nach außen nicht als Beamte oder Angehörige des Amtsgerichts in Erscheinung

Ein Gerichts­voll­zieher sei auch weder selbst eine "Behörde" im Sinne der genannten Vorschrift, noch "Teil einer Behörde". Gerichts­voll­zieher seien auch in die Organisation der Amtsgerichte nicht wie andere Beamte eingebunden. Abgesehen von den Ihnen eingeräumten besonderen Befugnissen, wie z.B. zum zwangsweisen Eingriff in Grundrechte, würden Gerichts­voll­zieher nach außen nicht als Beamte oder Angehörige eines Amtsgerichts in Erscheinung treten. Die Stellung eines Gerichts­voll­ziehers unterscheide sich auch deutlich von der eines Vollstre­ckungs­beamten des Finanzamts.

Zulassung steht dem Willen des Gesetzgebers entgegen

Die Zulassung der Gerichts­voll­zieher zum unein­ge­schränkten Grund­bucha­b­ruf­ver­fahren könnte zwar, wie es das Oberlan­des­gericht in seinem Beschluss ausdrücklich festgestellt hat, sinnvoll sein (!), doch stehe dem der zu beachtende Wille des Gesetzgebers entgegen.

Quelle: Oberlandesgericht München/ra-online

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