23.11.2024
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Oberlandesgericht Köln Beschluss01.06.2010

Abgesagte Heino-Tournee – Konzert­ver­an­stalter kann Versicherung nicht für Ausfallkosten in Anspruch nehmenArglistige Täuschung der Versicherung hinsichtlich Vorerkrankungen und regelmäßige Einnahme bestimmter Medikamente seitens des Künstlers

Der Konzert­ver­an­stalter "Kult Musik GmbH" aus Hamburg hat keinen Anspruch auf eine Ausgleichs­zahlung von insgesamt knapp 3,5 Mio. € durch die in Köln ansässige Gothaer Allgemeine Versicherung AG wegen einer Tournee-Absage des Sängers Heinos im Jahr 2007. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Köln.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der Sänger Heino seine für 2007 geplante Tournee kurzfristig wegen Krankheit absagen und sich in stationäre Behandlung begeben müssen. Für diesen Fall hatte die Kult Musik GmbH als Veranstalter eine Tournee-Ausfa­ll­ver­si­cherung bei der Gothaer Versicherung abgeschlossen. Die Versicherung sollte eintreten, wenn Heino so gravierend erkrankte, dass die Tournee nicht stattfinden könnte.

Versicherung verweigert Zahlung wegen falscher und unvollständiger Angaben des Sängers

Allerdings verweigerte die Versicherung die Zahlung mit der Begründung, der Sänger habe bei Vertrags­ab­schluss falsche und unvollständige Angaben gemacht. Insbesondere habe er in der im Juli 2007 abgegebenen Gesund­heits­er­klärung Tinnitus als Vorerkrankung sowie die Einnahme eines bestimmten Medikaments nicht angegeben. Sein Konzert­ver­an­stalter behauptete demgegenüber, dass die Beschwerden, die zur Absage der Tournee führten, erst rund zwei Monate nach Abschluss der Versicherung erstmals aufgetreten seien. Falsche Angaben seien nicht gemacht worden, zumal die unklar und missver­ständlich formulierten Fragen in der Gesund­heits­er­klärung letztlich nur auf die Veran­stal­tungs­fä­higkeit des Sängers abzielten, die im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung aber gegeben gewesen sei.

Keine Ansprüche aus Versi­che­rungs­vertrag

Das Oberlan­des­gericht Köln hat Ansprüche aus dem Versi­che­rungs­vertrag mit der Begründung verneint, dass dieser von der Versi­che­rungs­ge­sell­schaft wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten worden und daher nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch von Anfang an nichtig sei. Heino habe die Versicherung in der Gesund­heits­er­klärung über Vorerkrankungen und über die regelmäßige Einnahme eines bestimmten Medikaments getäuscht. Der Konzert­ver­an­stalter als Versi­che­rungs­nehmer müsse sich diese Angaben wie eigene zurechnen lassen. Das Landgericht, das u.a. den Sänger und seine Ehefrau sowie (unter Ausschluss der Öffentlichkeit) seine Hausärztin als Zeugen vernommen hatte, sei zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass Heino an mehreren Krankheiten und Beschwerden litt, nach denen in dem Vordruck zur Gesund­heits­er­klärung ausdrücklich gefragt war - u.a. Ohrgeräusche - und auch die regelmäßige Einnahme eines Medikaments verschwiegen habe. Diese Feststellungen des Landgerichts hat der zuständige Senat als für ihn bindend zugrunde gelegt, weil der Konzert­ver­an­stalter mit seiner Berufung keine konkreten Zweifel an der Richtigkeit des Bewei­s­er­geb­nisses aufgezeigt habe.

Versi­che­rungs­vertrag wäre bei Kenntnis über Gesund­heits­zustand gar nicht oder nur unter anderen Konditionen zustande gekommen

Die erste Instanz habe die erhobenen Beweise umfassend und überzeugend gewürdigt; insbesondere sei nicht zu beanstanden, dass das Landgericht sich zur Frage des vorbestehenden Tinnitus wesentlich auf die Aussage der Hausärztin gestützt habe, die den Sänger seit Jahren behandelt habe. Heino sei verpflichtet gewesen, in der Gesund­heits­er­klärung alle bestehenden Erkrankungen sowie eingenommene Medikamente anzugeben, nicht nur solche, die nach seiner Einschätzung seine „Veran­stal­tungs­fä­higkeit“ beein­träch­tigten. Diese Bewertung habe er der Versicherung zu überlassen. Das Gericht geht mit dem Landgericht auch davon aus, dass die Versicherung den Vertrag bei wahrheits­gemäßer Beantwortung der Gesund­heits­fragen nicht oder nur zu anderen Konditionen abgeschlossen hätte. In subjektiver Hinsicht sei davon auszugehen, dass der Sänger um seine Erkrankungen wusste und die Wirkung seiner Falschangaben jedenfalls billigend in Kauf genommen habe, so dass er auch arglistig gehandelt habe - ohne dass damit ein moralisches Unwerturteil verbunden sei.

Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Köln

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