23.11.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.

Dokument-Nr. 16486

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Urteil07.08.2013Oberlandesgericht Köln5 U 92/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • jM 2014, 16 (Holger Radke)juris - Die Monatszeitschrift (jM), Jahrgang: 2014, Seite: 16, Entscheidungsbesprechung von Holger Radke
  • JuS 2013, 1130Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2013, Seite: 1130
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Oberlandesgericht Köln Urteil07.08.2013

OLG Köln zur Haftung eines Apothekers bei grob fehlerhafter Medika­men­te­n­abgabeArzt stellte Rezept in 8-fach überhöhter Dosierung aus / Apotheker hätte Fehler erkennen müssen

Gibt ein Apotheker in grob fehlerhafter Weise ein falsches Medikament an einen Patienten aus und bleibt unaufklärbar, ob ein gesund­heit­licher Schaden des Patienten auf diesen Fehler zurückzuführen ist, muss der Apotheker beweisen, dass der Schaden nicht auf der Fehlmedikation beruht. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Köln.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger wurde im Juni 2006 mit einem Down-Syndrom (freie Triso-mie 21) und einem Herzfehler geboren. Für September 2006 war eine Herzoperation geplant. Zur zwischen­zeit­lichen Behandlung sollte der Kläger ein digita­lis­haltiges, herzstärkendes Medikament erhalten. Auf-grund eines Versehens stellte der Arzt das Rezept in einer 8-fach überhöhten Dosierung aus. Der Apotheker, der nach Ansicht des Gerichts angesichts des Alters des Patienten die Überdosierung hätte erkennen müssen, verkaufte dennoch das Medikament entsprechend der verschriebenen Rezeptur. Nach wenigen Tagen der Einnahme des Medikamentes erlitt der Kläger einen Herzstillstand und musste über 50 Minuten hinweg reanimiert werden. Zudem war der Darm des Klägers beschädigt. Der Kläger (vertreten durch seine Eltern) nimmt nun sowohl den Arzt wie den Apotheker auf Schadensersatz und Zahlung eines Schmer­zens­geldes in Höhe von mindestens 200.000 Euro in Anspruch.

Arzt und Apotheker konnten nicht beweisen, dass der Schaden nicht aufgrund einer Überdosierung entstanden ist

Nachdem das Landgericht der Klage weit überwiegend stattgegeben hatte, hat das Oberlan­des­gericht auf Berufung der Beklagten die Verurteilung dem Grunde nach bestätigt und lediglich die Höhe des Schmer­zens­geldes noch offen gelassen. Das Oberlan­des­gericht stellte fest, der Kläger habe 5 Jahre nach der Falsch­be­handlung eine Hirnschädigung in Form eines erheblichen Entwick­lungs­rück­stands aufgewiesen: im Alter von fünf Jahren sei der Kläger noch nicht in der Lage gewesen, zu sprechen, zu laufen oder selbständig zu essen. Zwar sei unklar geblieben, ob der Entwick­lungs­rückstand auf die Falschme­di­kation und den Sauer­stoff­mangel nach dem Herzstillstand oder den angeborenen genetischen Defekt zurückzuführen sei. Dies gehe hier jedoch nicht zu Lasten des Klägers. Vielmehr müssten der Arzt und der Apotheker beweisen, dass der Schaden nicht aufgrund der Überdosierung entstanden sei. Dies sei ihnen nicht gelungen.

Bei grobem Behand­lungs­fehler wird vermutet, dass der Schaden kausal auf den Fehler zurückgeht

Für den Bereich der Haftung von Ärzten für Behandlungsfehler ist seit langem folgende Verteilung der Beweislast anerkannt: liegt nur ein sog. einfacher Behand­lungs­fehler vor, muss der Patient beweisen, dass ein Schaden auf der fehlerhaften Behandlung beruht. Bei einem groben Behand­lungs­fehler dagegen wird vermutet, dass der Schaden kausal auf den Fehler zurückgeht. Dies ist nun auch in dem seit 26.2.2013 geltenden Patien­ten­rech­te­gesetz ausdrücklich gesetzlich geregelt (§ 630 h Abs. 5 BGB).

Apotheker hätte Fehler im Rezept auffallen müssen

Diese Grundsätze hat das Oberlan­des­gericht nun auch auf die Haftung von Apothekern übertragen und damit eine bisher in der Rechtsprechung ungeklärte Frage erstmals entschieden. Ein solcher Fehler wie der vorliegende dürfe einem Apotheker schlechterdings nicht unterlaufen. Angesichts des hochge­fähr­lichen Medikamentes habe der Apotheker in ganz besonderer Weise Sorgfalt walten lassen und den Fehler im Rezept erkennen müssen. Es handele sich somit um einen groben Fehler. Die Anwendung der Grundsätze des groben Behand­lungs­fehlers auf vergleichbar schwerwiegende Fehler von Apothekern sei geboten, weil die Sach- und Interessenlage gleichgelagert sei. Gerade bei der fehlerhaften Verabreichung von Medikamenten wie im vorliegenden Fall könne das Zusammenwirken von Arzt, Apotheker und Medikament nicht sinnvoll getrennt werden.

Quelle: Oberlandesgericht Köln/ra-online

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