15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 22876

Drucken
Urteil08.07.2016Oberlandesgericht Köln1 U 36/13
Vorinstanz:
  • Landgericht Köln, Urteil24.04.2013, 23 O 266/12
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Köln Urteil08.07.2016

Kein Schadensersatz für ein im Jahr 1937 versteigertes Bild eines jüdischen KunsthändlersStreit um ein in der Nazi-Zeit versteigertes Bild aus jüdischem Besitz

Das Oberlan­des­gericht Köln hat die Schaden­s­er­satzklage einer New Yorker Gesellschaft gegen ein Kölner Auktionshaus und dessen Inhaber abgewiesen.

Die Klägerin verlangte Schadensersatz für ein Gemälde von Ludovico Carracci. Das Werk hatte früher einem jüdischen Kunsthändler gehört. Dieser hatte es im Jahr 1937 unter dem Verfol­gungsdruck des NS-Regimes beim Rechtsvorgänger des beklagten Kunsthauses versteigern lassen und hierfür 4.320 Reichsmark erhalten. Im Jahr 2000 bot dasselbe Kunsthaus das Bild erneut zur Versteigerung an. Die Klägerin ersteigerte es für etwa 100.000 DM. Im Jahr 2009 gab sie es an die Erben des jüdischen Kunsthändlers zurück, nachdem diese es im Jahr 2004 im Art Loss Register als gesucht gemeldet hatten. Die Klägerin will nunmehr den gegenwärtigen Wert des Bildes ersetzt erhalten, den sie mit knapp 300.000 Euro bewertet. Sie macht hierzu geltend, sie habe das Kunstwerk nach US-amerikanischem Recht an die Erben herausgeben müssen.

Deutscher Staat hatte den jüdischen Eigentümer entschädigt

Das Landgericht Köln hatte die Klage abgewiesen. Der 1. Zivilsenat des Oberlan­des­ge­richts Köln hat diese Entscheidung nun bestätigt. Die Klägerin sei trotz der Vorgeschichte bei der öffentlichen Versteigerung rechtmäßige Eigentümerin des Bildes geworden. Dieses Eigentum sei auch nicht mit einem sogenannten Rechtsmangel behaftet. Insbesondere habe die Klägerin das Gemälde nach US-amerikanischem Recht nicht zurückgeben müssen. Wesentlich für den Senat war dabei, dass der Kunsthändler bei der Versteigerung im Jahr 1937 den Verstei­ge­rungserlös erhalten hatte und nach dem Krieg durch den deutschen Staat für den durch den Verfol­gungsdruck bei der Versteigerung verursachten Mindererlös ("Verschleu­de­rungs­schaden") auf Basis seiner Vorstellungen entschädigt worden war. Der Händler habe das Werk auch nicht behalten wollen, sondern es sei ohnehin zum Verkauf bestimmt gewesen. Ein Heraus­ga­be­an­spruch der Erben nach US-amerikanischen Recht scheide überdies aus, weil der Kunsthändler nach dem Krieg die Gemälde aus der Versteigerung im Jahr 1937 - anders als Kunstwerke aus seinem Bestand, welche die Gestapo später beschlagnahmt hatte - nicht gesucht habe. Dies zeige, dass die Sache hinsichtlich des in Rede stehenden Bildes mit Erhalt der Entschädigung abgeschlossen gewesen sei.

OLG Köln weicht von einer Vergleich­s­ent­scheidung ab

Hiermit weicht der Senat von einer Vergleich­s­ent­scheidung des District Court of Rhode Island aus dem Jahr 2008 ab. Dieses US-amerikanische Gericht hatte hinsichtlich eines anderen Gemäldes, das im Jahr 1937 in der gleichen Auktion versteigert worden war, einen nach US-amerikanischen Recht bestehenden Heraus­ga­be­an­spruch der Erben bejaht. Der Senat hat seine hiervon abweichende Entscheidung nach Einholung eines Sachver­stän­di­gen­gut­achtens zum amerikanischen Recht damit begründet, dass der vom Court of Rhode Island zugrunde gelegte Sachverhalt sich wesentlich von dem vorliegenden Fall unterscheide. Während das amerikanische Gericht davon ausgegangen sei, dass der Kunsthändler die Erlöse aus der Auktion des Jahres 1937 nicht erhalten hatte, hat der Senat im vorliegenden Fall durch Einblick in die Entschä­di­gungsakte des jüdischen Kunsthändlers festgestellt, dass die Erlöse ausgezahlt und der Händler für den Verschleu­de­rungs­schaden entschädigt worden war.

OLG Köln lässt keine Revision zu

Der Senat hat die Revision zum Bundes­ge­richtshof nicht zugelassen. Wie die in einem ausländischen Staat geltende Rechtslage in einem deutschen Gerichts­ver­fahren zu ermitteln ist, habe der Bundes­ge­richtshof bereits geklärt. Ob das ausländische Recht zutreffend angewandt worden ist, könne durch die Revision nicht überprüft werden. Denn das Revisi­ons­ver­fahren diene der einheitlichen Anwendung nur des deutschen Rechts. Die Entscheidung kann daher nur noch mit der sogenannten Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde angegriffen werden.

Quelle: OLG Köln, ra-online (pm/pt)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil22876

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI