21.11.2024
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Oberlandesgericht Koblenz Urteil28.02.2008

Mittellose Ehefrau muss nach sittenwidriger Bürgschafts­ver­pflichtung keine Zahlungen leistenEhefrau hatte kein eigenes wirtschaft­liches Interesse

Eine für das Darlehen einer Aktien­ge­sell­schaft aufgrund Bürgschafts­vertrags mithaftende, mittellose Ehefrau kann sich auch dann auf die Sitten­wid­rigkeit dieses Vertrages berufen, wenn sie zwar Mitglied des Verwal­tungsrates der AG, selbst aber nicht Aktionärin der AG ist. Dies hat das Oberlan­des­gericht Koblenz jetzt entschieden.

Der Entscheidung liegt die Klage einer Leasing­ge­sell­schaft zugrunde, die nach der Kündigung von Betrie­bs­mit­telda­rlehen für eine Aktien­ge­sell­schaft neben einem mit 50 Prozent beteiligten Aktionär auch dessen für die Darle­hens­rü­ck­zahlung bürgende mittellose Ehefrau in Anspruch nimmt. Die Ehefrau hatte zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme ihren vormals 20 prozentigen Aktienanteil bereits an Dritte veräußert, war aber noch Mitglied des Verwal­tungsrates der Aktien­ge­sell­schaft. Das Landgericht Bad Kreuznach hat die Ehefrau und ihren Ehemann zur Zahlung verurteilt. Die Berufung der Ehefrau hatte Erfolg.

Bürgschafts­vertrag war wegen krasser Überforderung der Frau sittenwidrig

Aufgrund der Mittellosigkeit der Ehefrau sei, so der 6. Zivilsenat, davon auszugehen, dass sie bei der Eingehung der Bürgschafts­ver­pflichtung im Sinne des § 138 BGB krass überfordert gewesen sei. Der Bürgschafts­vertrag sei deshalb sittenwidrig. Es bestehe die tatsächliche Vermutung, dass sich die Ehefrau bei der Übernahme der Bürgschafts­ver­pflichtung allein von der emotionalen Verbundenheit zu ihrem Ehemann habe leiten lassen und die klagende Gesellschaft dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt habe. Für Letzteres sei bereits ausreichend, dass sie davon abgesehen habe, sich über die maßgeblichen finanziellen Umstände der Ehefrau zu informieren.

Ehefrau hatte kein eigenes wirtschaft­liches Interesse

Der für die Widerlegung der Vermutung erforderliche Nachweis eines eigenen persönlichen oder wirtschaft­lichen Interesses der Ehefrau sei der Gesellschaft nicht gelungen. Die Tatsache, dass sie noch Mitglied des Verwal­tungsrates der AG war, sei hierfür nicht ausreichend. Der Rechtsstreit sei mit den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen vergleichbar, in denen sich der mittellose Geschäftsführer einer Gesellschaft, an der ein Angehöriger als Gesellschafter beteiligt ist, für eine Verbindlichkeit der Gesellschaft verbürgt habe. Ein Geschäftsführer habe nämlich kein wesentlich höheres finanzielles Interesse an der Tätigkeit der Gesellschaft, als beispielsweise ein Angestellter der Gesellschaft, dessen Arbeitsplatz seine Existenz­grundlage darstelle. Entsprechendes gelte im vorliegenden Fall der Mitgliedschaft im Verwaltungsrat, der überwiegend nur eine beratende oder beauf­sich­tigende Funktion habe. Die Revision gegen das Urteil hat der Senat nicht zugelassen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Koblenz vom 13.03.2008

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