In dem entschiedenen Fall hatte sich eine Ehefrau und Mutter zweier minderjähriger Kinder, die sich zum Zeitpunkt der Eingehung der Bürgschaftsverpflichtung in Erziehungsurlaub befand, für einen Geschäftskredit ihres Ehemannes in Höhe von 100.000,- DM verbürgt. Die Bürgin hatte später aufgrund einer Teilzeitbeschäftigung nur ein geringfügiges eigenes Einkommen erlangt. Das Oberlandesgericht nimmt eine krasse Überforderung der Bürgin an, weil ihr Einkommen nicht einmal zur Tilgung der Zinsen aus der Schuldsumme von 100.000,- DM ausreichte.
Diese, der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und anderer Oberlandesgerichte entsprechende Beurteilung ist nach Auffassung des 23. Zivilsenates auch nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung aufrecht zu erhalten. Zwar beruhe die Rechtsprechung zum Bürgschaftsrecht auf der Erwägung, dass der Bürge vor einer lebenslangen Überschuldung geschützt werden solle, was auch durch die im Insolvenzrecht vorgesehene Möglichkeit einer Restschuldbefreiung erreicht werden könne. Der Senat tritt der vor allem im Schrifttum vertretenen Auffassung, die Frage der Sittenwidrigkeit entsprechender Bürgschaftsverpflichtungen sei deshalb anders zu beurteilen oder ganz zu verneinen, jedoch entgegen. Die Möglichkeit der Restschuldbefreiung könne die Sittenwidrigkeit, die sich aus den Umständen bei Vertragsschluss ergebe, nicht beeinflussen, sondern stelle nur einen umständlichen und lang andauernden Weg dar, um sich ohne oder mit geringem finanziellen Aufwand höherer Verpflichtungen entledigen zu können.
Nach Ansicht des Senates ist deshalb an der Rechtsprechung zur Nichtigkeit eines Bürgschaftsversprechens bei krasser finanzieller Überforderung von Bürgen auch im Hinblick auf die durch die Insolvenzordnung eingeführte Möglichkeit einer Restschuldbefreiung uneingeschränkt festzuhalten.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.04.2004
Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 21.04.2004