18.10.2024
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Oberlandesgericht Koblenz Urteil07.07.2015

Nachbarhilfe aus Gefälligkeit: Nachbar haftet trotz Haft­pflicht­versicherung nur für Vorsatz und grobe FahrlässigkeitTypischer Schaden­s­eintritt im Rahmen einer alltäglichen, unentgeltlichen Gefälligkeit sowie Abdeckung des Schadens durch Versicherung des Geschädigten begründet Haftungs­beschränkung

Verursacht ein Nachbar im Rahmen einer Gefälligkeit einen Schaden, so kann trotz bestehender Haft­pflicht­versicherung die Haftung nur auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt sein. Eine solche Haftungs­beschränkung ist dann anzunehmen, wenn im Rahmen einer alltäglichen, unentgeltlichen Gefälligkeit ein typischer Schaden eintritt und die Versicherung des Geschädigten für den Schaden aufkommt. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Koblenz hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Grund­s­tücks­ei­gentümer erklärte sich dazu bereit, während eines Kuraufenthalts seines Nachbarn im Juni 2011 dessen Haus zu versorgen. Dazu gehörte auch die Bewässerung des Gartens mit Hilfe eines an der Außenzapfstelle des Hauses angebrachten Wasserschlauchs. Er drehte eines Tages nach der Bewässerung zwar die am Schlauch befindliche Spritze zu, jedoch stellte er nicht die Wasserzufuhr zum Gartenschlauch ab. Daraufhin löste sich in der Nacht der weiter unter Wasserdruck stehende Schlauch. Dies führte dazu, dass eine erhebliche Menge von Leitungswasser in das Untergeschoss des Hauses eindrang und einen Wasserschaden in Höhe von fast 11.700 Euro verursachte. Die Gebäudeversicherung des Nachbarn regulierte den Schaden vollständig und klagte nachfolgend gegen den haftpflicht­ver­si­cherten Grund­s­tücks­ei­gentümer auf Ersatz der Versi­che­rungssumme. Das Landgericht Koblenz gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung des beklagten Grund­s­tücks­ei­gen­tümers.

Kein Anspruch auf Ersatz der Schadenssumme

Das Oberlan­des­gericht Koblenz entschied zu Gunsten des Beklagten und hob daher die erstin­sta­nzliche Entscheidung auf. Der klägerischen Versicherung habe kein Anspruch aus Ersatz der geleisteten Schadenssumme gemäß § 823 Abs. 1 BGB zugestanden. Zwar sei dem Beklagten eine mittlere Fahrlässigkeit anzulasten gewesen. Jedoch sei zu berücksichtigen gewesen, dass er aus reiner Gefälligkeit den Garten bewässert habe. Somit sei seine Haftung nur auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt gewesen.

Haftungs­be­schränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit trotz Haftpflicht­ver­si­cherung

Nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts habe eine Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit trotz dessen vorgelegen, dass der Beklagte über eine private Haftpflichtversicherung verfügt habe. Zwar habe der Bundes­ge­richtshof entschieden, dass das Bestehen einer Haftpflicht­ver­si­cherung regelmäßig der Annahme einer Haftungs­be­schränkung entgegenstehe (BGH, Urt. v. 10.02.2009 - VI ZR 28/08 = NJW 2009, 1482, VersR 2009, 558). Dennoch könne unter bestimmten Umständen eine solche bejaht werden.

Typischer Schaden­s­eintritt im Rahmen einer alltäglichen, unentgeltlichen Gefälligkeit sowie Abdeckung des Schadens durch Versicherung des Geschädigten begründet Haftungs­be­schränkung

Solche besonderen Umstände liegen nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts dann vor, wenn im Rahmen einer alltäglichen und unentgeltlichen Gefälligkeit unter Freunden, Nachbarn oder Kollegen ein typischer Schaden eintrete und dieser Schaden von der Versicherung des Geschädigten abgedeckt werde. Es sei zudem zu beachten, dass die Inanspruchnahme einer Haftpflicht­ver­si­cherung üblicherweise eine Selbst­be­tei­ligung, Prämienerhöhung oder Kündigung nach sich ziehen könne. Dies rechtfertigte ebenfalls die Annahme einer Haftungs­be­schränkung. Andernfalls sei zu erwarten, dass sich kaum jemand zu einer nachbar­schaft­lichen Hilfe bereit erkläre. Die Haftung sei damit auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt gewesen.

Kein grob fahrlässiges Handeln des Beklagten

Der Beklagte habe weder vorsätzlich, noch grob fahrlässig den Wasserschaden verursacht, so das Oberlan­des­gericht. Der eingetretene Schadensverlauf sei als solcher nicht ohne weiteres für den Beklagten voraussehbar gewesen. Er sei nicht so naheliegend gewesen, dass es jedem hätte einleuchten müssen.

Quelle: Oberlandesgericht Koblenz, ra-online (vt/rb)

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