18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Koblenz Urteil21.06.2012

Stadt haftet für Schäden an Fahrzeug durch Steine werfende Kita-KinderErzieherinnen verletzen in speziellem Einzelfall ihre Aufsichts­pflicht

Wird ein auf der Straße geparktes Fahrzeug beschädigt, weil Kinder der angrenzenden Kita das Grundstück verlassen und mit Steinen auf das Auto geworfen haben, haftet die Stadt für den entstandenen Schaden. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Koblenz und verwies darauf, dass die Erzieherinnen der betreffenden Kita in dem speziellen Einzelfall ihre Aufsichts­pflicht verletzt hätten.

Im zugrunde liegenden Fall stellte der Kläger, der Inhaber einer ortsansässigen Firma in Bitburg ist, im Juni 2010 sein Fahrzeug am Rande des Außenbereichs einer Kindertagesstätte ab und begab sich in das anliegende Gebäude. Auf dem Freigelände der Kita hielt sich u.a. eine Gruppe von acht Kindern auf, die von einer Erzieherin betreut wurden. Drei Kinder verließen die Gruppe und begaben sich in Richtung des Außenzaunes, der zur unmittelbar angrenzenden Parkfläche durchlässig ist. Sie nahmen Steine in die Hand und warfen diese gegen das parkende Auto des Klägers. Es handelte sich um so viele Steine, dass insgesamt 21 Dellen im Fahrzeug festgestellt wurden.

Abseits spielende Kinder dürfen nicht länger andauernd unbeobachtet bleiben

Das Oberlan­des­gericht Koblenz urteilte, dass eine permanente und lückenlose Überwachung der Kinder "auf Schritt und Tritt" in einer Kita grundsätzlich nicht zu gewährleisten und auch nicht geboten sei. Für die Frage der Aufsichtspflichtverletzung müssten immer die Besonderheiten des einzelnen Falles in den Blick genommen werden, wie etwa die Eigenheiten der jeweiligen Kinder, die örtlichen Gegebenheiten und die Aufsichts­si­tuation. Die Beschaffenheit des Freigeländes (lockere große Kieselsteine, durchlässiger Zaun zur unmittelbar angrenzenden Parkfläche) habe in diesem speziellen Fall ein konkretes Gefah­ren­po­tential für fremdes Eigentum entstehen lassen. Wenn sich dann drei spielende Kinder aus ihrer Gruppe eigenmächtig in Richtung Zaun entfernten, dürften diese nicht - wie hier - länger andauernd unbeobachtet bleiben. Ein Zeuge hatte zudem angegeben, die Steine seien "wie bei einem Maschinengewehr" auf das Auto geprallt. Die Erzieherinnen auf dem Außengelände hingegen hatten bekundet, nichts von alledem mitbekommen zu haben. In der Gesamtschau all dieser Umstände sah das Gericht eine Verletzung der Aufsichts­pflicht und verurteilte die Stadt zum Ersatz des Schadens.

Kommune muss nachweisen können, dass Erzieherinnen Aufsichts­pflicht erfüllt haben

Zudem entschied das Gericht, dass in einem solchen Fall der Amtshaftung grundsätzlich die Kommune beweisen müsse, dass die Erzieherinnen ihre Aufsichts­pflicht erfüllt haben. Diese rechtliche Frage ist in der deutschen Rechtsprechung umstritten. Andere Obergerichte sehen den Geschädigten in der Pflicht, auch die Verletzung der Aufsichts­pflicht beweisen zu müssen. Der Senat hat wegen dieser Rechtsfrage die Revision gegen das Urteil zugelassen. Die Stadt Bitburg kann daher entscheiden, ob sie die Sache vor dem Bundes­ge­richtshof nochmal in der Revision überprüfen lassen will.

Quelle: Oberlandesgericht Koblenz/ra-online

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