Dokument-Nr. 16933
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- FuR 2013, 329Zeitschrift: Familie und Recht (FuR), Jahrgang: 2013, Seite: 329
- JuS 2013, 863Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2013, Seite: 863
- NJW 2013, 1233Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 1233
- Landgericht Trier, Urteil23.08.2011, 11 O 36/11
- Stadt haftet für Schäden an Fahrzeug durch Steine werfende Kita-KinderOberlandesgericht Koblenz, Urteil21.06.2012, 1 U 1086/11
Bundesgerichtshof Urteil13.12.2012
Aufsichtspflichtverletzung: Amtshaftung für von in einer Kindertagungsstätte betreute Kinder für Beschädigungen von Eigentum DritterBeweislastregelung des § 832 BGB gilt auch für Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB / Aufsichtspflichtiger hat Rechenschaftspflicht über Kontrollmaßnahmen
Wird eine Aufsichtspflicht als Amtspflicht verletzt, kommen Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB in Betracht. In diesem Zusammenhang gilt die Beweislastregelung des § 832 BGB. Somit muss der Aufsichtspflichtige Rechenschaft über seine Kontrollmaßnahmen abgeben. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
Im zugrunde liegenden Fall parkte ein Autofahrer seinen PKW etwa zwei Meter vor dem Außenbereich einer Kindertagesstätte. Auf dem Gelände war gerade eine Kindergruppe damit beschäftigt, unter Aufsicht einer Erzieherin Gartenarbeiten auszuführen. Während der Arbeiten entfernten sich ein paar Kinder von dieser Gruppe und warfen mehrere Kieselsteine auf den geparkten PKW. Dadurch entstanden Lackschäden, welche der Autofahrer von der Stadt klageweise ersetzt verlangte.
Landgericht wies Klage ab, Oberlandesgericht gab ihr statt
Das Landgericht Trier wies die Klage ab. Das Oberlandesgericht Koblenz gab der Klage zum Teil statt. Es bejahte einen Anspruch auf Schadenersatz wegen Verletzung einer Amtspflicht durch die Erzieherin (§ 839 BGB, Art. 34 GG). Zwar blieb nach der Beweisaufnahme ungeklärt, ob und inwieweit die Erzieherin ihre Kontrollpflicht verletzte. Das Berufungsgericht wendete jedoch die Beweislastregelung des § 832 BGB an. Daher habe die beklagte Stadt darlegen und beweisen müssen, dass die Erzieherin ihrer Kontrollpflicht nachgekommen war. Dies sei ihr aber nicht möglich gewesen. Die Stadt war indes der Meinung, dass die Norm des § 832 BGB auf die Amtshaftungsansprüche keine Anwendung findet und legte gegen das Berufungsurteil Revision ein.
Entsprechende Anwendung des § 832 BGB zulässig
Der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil des Oberlandesgerichts und wies die Revision der Stadt zurück. Denn die Beweislastregel des § 832 BGB gelte auch im Rahmen der Haftung für die Verletzung einer Amtspflicht nach § 839 BGB. Zwar dürfe die Norm nicht unmittelbar zur Anwendung kommen, weil § 839 BGB insofern einen Sondertatbestand darstellt. Dennoch komme die besondere Beweislastregelung des § 832 BGB im Rahmen der Amtshaftung entsprechend zur Anwendung.
Sachliche Rechtfertigung der Anwendung
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs sei die Anwendung des § 832 BGB im Bereich der Amtshaftung sachlich gerechtfertigt. Für eine Haftung für eine vermutete Aufsichtspflichtverletzung sprächen dort dieselben Gründe, wie im Bereich der privatrechtlichen Haftung. Es entspreche dem Wesen der Aufsichtspflicht, dass der Pflichtige Rechenschaft darüber ablegt, was er zur Erfüllung seiner Pflicht getan hat. Dagegen sei dem Geschädigten der Nachweis der Aufsichtspflichtverletzung in der Regel nicht möglich. Denn dieser wisse regelmäßig nicht, welche konkreten Maßnahmen zur Erfüllung der Aufsichtspflicht im Einzelfall ergriffen bzw. unterlassen wurden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.10.2013
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
der Leitsatz
§ 832 BGB, § 839 BGB
Beschädigen in einer Kindertagesstätte untergebrachte Kinder Eigentum Dritter, so kommt dem Geschädigten, der gegen eine Gemeinde als Trägerin der Kindertagesstätte wegen Verletzung der den Erzieherinnen der Kindertagesstätte obliegenden Aufsichtspflichten Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG geltend macht, die Beweislastregel des § 832 BGB zugute (Aufgabe des Senatsurteils vom 15. März 1954, III ZR 333/52, BGHZ 13, 25).
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