23.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 9471

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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil06.04.2010

OLG Karlsruhe: Land haftet nicht für Ernteausfall durch RabenkrähenKein Entschä­di­gungs­an­spruch wenn Beein­träch­tigung ausschließlich auf Naturkräfte zurückgeht

Ein Landwirt, dessen Tabakpflanzen kurz nach der Anpflanzung durch Rabenkrähen herausgerissen werden, hat keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Ernteausfalls durch das Land. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Karlsruhe.

Der Kläger ist Landwirt im Rhein-Neckar-Raum und baut Tabakpflanzen an. Er möchte Schadensersatz vom Land, weil zwei Tage nach der ersten Tabakpflanzung im Mai 2009 ständig mindestens 30 Rabenkrähen auf seinem Feld gewesen seien und ca. 28.000 Tabakpflanzen herausgerissen hätten, auch Ersatzpflanzen seien wieder zerstört worden. Die Kosten für Ersatzpflanzen und Ertragsausfall beliefen sich auf 9.200,- Euro. Das Land müsse wegen der bekannten Schädlichkeit der Vögel, insbesondere für die schadens­an­fälligen Obst-, Gemüse- und Tabakkulturen im Rhein-Neckar-Raum, eine Überpopulation verhindern, der Bestand an Rabenkrähen aus dem Rheinauenwald, der dem Land gehöre, habe übermäßig zugenommen.

Landwirt hätte vorab Tötung von Rabenkrähen durch Jagdaus­übungs­be­rech­tigten veranlassen können

Das Landgericht Karlsruhe hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers zum Oberlan­des­gericht Karlsruhe blieb ohne Erfolg. Das Gericht führte aus, dass der Kläger keinen Entschä­di­gungs­an­spruch hat. Eigene Abwehrmaßnahmen des Klägers hat das Land nicht rechtswidrig verhindert. Vor Beginn der Brutzeit hätte der Kläger gemäß § 1 der Verordnung der Landesregierung über Ausnahmen von den Schutz­vor­schriften für Rabenvögel (RabAusnV) eine Tötung von Rabenkrähen durch den Jagdaus­übungs­be­rech­tigten veranlassen können. Während der späteren Anpflan­zungszeit konnte der Kläger noch eine Einzel­fa­ll­ge­neh­migung für einen Vergrä­mungs­ab­schuss beantragen. Eine solche Genehmigung ist ihm auf seinen Antrag auch am 29. Mai 2009 erteilt worden, von dieser hat er jedoch keinen Gebrauch gemacht. Soweit der Kläger meint, die Genehmigung, die den Abschuss von zwei bis drei Rabenkrähen pro Anbaufläche zur Vergrämung gestattet, sei nicht ausreichend gewesen, hat er nicht vorgetragen, dass er einen weitergehenden Antrag gestellt hätte. Eine Rechts­vor­schrift, die die Landes­ver­waltung verpflichten würde, im Interesse der Landwirtschaft selbst Maßnahmen zur Regulierung der Population der Rabenvögel zu ergreifen, existiert nicht. Das Bundes­jagd­gesetz, das Regelungen über die Aufstellung von Abschussplänen unter Berück­sich­tigung der Interessen der Landwirtschaft trifft, ist nicht anwendbar, da die Rabenkrähe nicht zu den dort genannten Tierarten zählt, auch das Landesjagdrecht hat die Rabenkrähe nicht dem Jagdrecht unterstellt.

Gericht weist Vergleich mit Kormo­ran­ver­ordnung zurück

Es besteht keine allgemeine, unmittelbar aus den Grundrechten abzuleitende Verpflichtung des Staates, seine Bürger vor dem Verlust von Einnahmen zu schützen, die ihnen durch wild lebende Tiere entstehen könnten. Es ist vielmehr Sache des einzelnen, sich bei seiner landwirt­schaft­lichen Tätigkeit auf die natürlichen Rahmen­be­din­gungen und gegebenenfalls auf deren Änderung einzustellen. Auch die vom Kläger zum Vergleich herangezogene Kormo­ran­ver­ordnung sieht nur einen Abschuss von Kormoranen durch Jagdaus­übungs­be­rechtigte vor, verpflichtet aber nicht staatliche Stellen zu der Bekämpfung (vgl. z.B. Oberver­wal­tungs­gericht Berlin-Brandenburg, Urteil v. 02.06.2006 - OVG 11 A 11.05 -). Eine Amtspflicht zur Beobachtung und Regelung des Bestandes an Rabenkrähen besteht nicht.

Keine allgemeine Gefähr­dungs­haftung der öffentlichen Hand für Einnah­me­ausfälle durch Folgen der natürlichen Umgebungs­be­din­gungen

Soweit der Kläger seinen Anspruch auch auf nachbar­schützende Bestimmungen stützt, da die Rabenkrähen aus landeseigenem Rheinauenwald stammen sollen, bleibt sein Begehren ebenfalls ohne Erfolg. Ein Abwehranspruch nach § 1004 BGB oder Entschä­di­gungs­an­spruch nach § 906 BGB, der bei grenz­über­schrei­tenden Einwirkungen von einem Grundstück eingreifen kann, besteht nicht, wenn die Beein­träch­tigung ausschließlich auf Naturkräfte zurückgeht. Dass das beklagte Land die Ansiedelung von Rabenkrähen in dem Rheinauenland aktiv gefördert habe, trägt auch der Kläger nicht vor. Auch Ansprüche wegen eines enteignenden und enteig­nungs­gleichen Eingriffs durch eine hoheitliche Maßnahme bestehen nicht, weil die vom Kläger behaupteten Schäden und Einnah­me­ausfälle Folgen der natürlichen Umgebungs­be­din­gungen sind, für die es eine allgemeine Gefähr­dungs­haftung der öffentlichen Hand nicht gibt.

§ 1004 BGB Abs. 1:

Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung von der Beein­träch­tigung verlangen. ...

§ 906 BGB Abs. 1:

Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen... Geräusch, Erschütterung u.ä. von einem anderen Grundstück ausgehenden Einwirkungen nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. ...

§ 906 BGB Abs.2 :

.....Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen....

§ 21 BJagdG Abs.1:

Der Abschuss des Wildes ist so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fische­rei­wirt­schaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben. ....

§ 1 RabAusnV:

Abweichend von § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG dürfen Jagdaus­übungs­be­rechtigte ... zum Schutz der heimischen Tierwelt oder zur Abwendung erheblicher landwirt­schaft­licher Schäden wildlebenden Tieren der Art Rabenkrähe (Corvus corone corone) und .... außerhalb von befriedeten Bezirken, von Natur­schutz­ge­bieten, von Naturdenkmalen und außerhalb der Brutzeit ... nachstellen und sie töten.

Quelle: ra-online, OLG Karlsruhe

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