18.10.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil29.09.2010

OLG Hamm: Keine Entschädigung wegen menschen­un­würdiger HaftsituationAngebot zur Verlegung in geeignete Haftanstalt von Häftlingen nicht angenommen worden

Häftlinge in einer Zelle mit einer Grundfläche von weniger als fünf Quadratmetern unterzubringen, gilt als menschen­un­würdig. Erklärt sich der Häftling jedoch mit der Unterbringung einverstanden, obwohl ihm eine Verlegung in eine geeignete Haftanstalt angeboten wurden, hat er keinen Anspruch auf Entschädigung wegen einer menschen­un­würdigen Haftsituation. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm.

Die klagenden Gefangen des zugrunde liegenden Streitfalls waren jeweils mehrere Monate in Gemein­schafts­haf­träumen untergebracht. In einem Fall standen vier Gefangenen eine Fläche von knapp 18 m² und eine nicht abgeschlossene Toilette zur Verfügung, in dem anderen Fall mussten sich zwei Inhaftierte einen Haftraum von 9 m² teilen, die Toilette war durch eine Schamwand abgetrennt.

Weniger als 5 m² Grundfläche pro Gefangenem in Haftraum ist menschen­un­würdig

Das Oberlan­des­gericht Hamm hat einen Entschä­di­gungs­an­spruch dieser Gefangenen verneint. Eine gemeinsame Unterbringung mehrerer Gefangener in einem Haftraum sei menschen­un­würdig, wenn die Grundfläche des Haftraums pro Gefangenem 5 m² unterschreite oder wenn sich in dem Haftraum eine Toilette ohne ausreichenden Sicht-, Geruchs- und Geräuschschutz befinde.

Häftling muss die Möglichkeit haben, entsprechender Unterbringung entgehen zu können

Eine derartige Unterbringung verstoße gegen die im Justizvollzug bestehende Kardinalpflicht, Häftlinge menschenwürdig zu behandeln. Soweit diese Unterbringung nicht nur kurzfristig erfolge, begründe dies eine schuldhafte und entschä­di­gungs­pflichtige Amtspflicht­ver­letzung, wenn der Häftling keine Möglichkeit habe, dieser Art der Unterbringung zu entgehen. Es sei nicht erforderlich, dass psychische oder körperliche Gesund­heits­schäden eingetreten seien, weil andernfalls die erhebliche Rechts­ver­letzung sanktionslos bliebe und so der Schutz der Menschenwürde und des Persön­lich­keits­rechts verkümmern würde.

Strafgefange haben sich mit Haftun­ter­bringung einverstanden erklärt und keine Verlegung verlangt

Den klagenden Strafgefangen stehe keine Entschädigung zu, weil ihnen seinerzeit geeignete Haftplätze in anderen Anstalten angeboten worden waren und sie sich in Kenntnis dieser Angebote schriftlich mit der nun beanstandeten Unterbringung einverstanden erklärt und auch im weiteren Verlauf keine Verlegung mehr verlangt hatten.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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