18.10.2024
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Verfassungsgerichtshof Berlin Beschluss03.11.2009

Unterbringung in 5,25 m² großer Gefängniszelle verfas­sungs­widrigAuch im Strafvollzug muss menschen­würdiges Dasein erhalten bleiben

Die Unterbringung in einer 5,25 m² großen Gefängniszelle mit Verschluss­zeiten zwischen 15 und fast 21 Stunden verstößt gegen die Menschenwürde. Die Verfas­sungs­be­schwerde eines ehemaligen Strafgefangenen, der sich gegen die Art und Weise seiner Unterbringung in der Justiz­voll­zugs­anstalt gewandt hatte, ist daher zulässig. Dies entschied der Verfas­sungs­ge­richtshof Berlin.

Der Beschwer­de­führer war im Jahre 2004 zur Verbüßung einer Freiheitsstrafe für einen Zeitraum von knapp drei Monaten in einem Einzelhaftraum von 5,25 m² Bodenfläche mit räumlich nicht abgetrennter Toilette untergebracht. In dem Raum war er zeitweise zwischen 15 und fast 21 Stunden unter Verschluss. Nach der Entscheidung des Verfas­sungs­ge­richtshofs ist der Beschwer­de­führer durch diese Art und Weise der Unterbringung in seiner Menschenwürde verletzt worden.

Verfas­sungs­rechtliche Minde­st­an­for­de­rungen an menschen­würdigen Strafvollzug nicht gegeben

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde: Die Würde des Menschen zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt (Art. 6 Satz 2 Verfassung von Berlin). Auch im Strafvollzug muss der Staat dem Gefangenen ein menschen­würdiges Dasein erhalten. Dabei lässt sich nicht generell, sondern immer nur in Ansehung des einzelnen Falles beurteilen, unter welchen Umständen die Menschenwürde verletzt sein kann. Ob die Unterbringung in einem Haftraum gegen die Menschenwürde verstößt, ist im Rahmen einer Gesamtschau anhand der konkreten Umstände, insbesondere der Größe des Haftraums, der Gestaltung des Sanitärbereichs, aber auch der täglichen Einschluss­zeiten und der Dauer der Unterbringung zu beurteilen. Die verfas­sungs­recht­lichen Minde­st­an­for­de­rungen an einen menschen­würdigen Strafvollzug waren im Falle des Beschwer­de­führers nicht gewahrt. Neben der geringen Größe der Haftzelle und der teils sehr langen Verschluss­zeiten war für den Beschwer­de­führer auch nicht absehbar, wann er aus dem kleinen, ihm kaum Bewegungs­mög­lich­keiten bietenden Raum verlegt würde.

Quelle: ra-online, VerfGH Berlin

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