21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss27.05.2015

Sohn kann nach straf­recht­licher Verurteilung des Vaters wegen sexuellen Missbrauchs Schmerzensgeld beanspruchenVater kann in diesem Zusammenhang Prozess­kos­tenhilfe zur Rechts­ver­tei­digung weitgehend versagt werden

Ein vom Vater schwer sexuell missbrauchter Junge kann ein erhebliches Schmerzensgeld beanspruchen und seinen zivil­recht­lichen Anspruch mithilfe der vom Strafrichter getroffenen tatsächlichen Feststellungen zum Tatgeschehen begründen. Nach der Beschluss­fassung des Oberlan­des­ge­richts Hamm kann dies rechtfertigen, dem zivilrechtlich beklagten Vater Prozess­kos­tenhilfe zur Rechts­ver­tei­digung gegen die Schmerzens­geld­forderung des missbrauchten Kindes weitgehend zu versagen.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der heute 21 Jahre alte, im Ruhrgebiet lebende Kläger verlangt von seinem beklagten, heute 54 Jahre alten, inhaftierten Vater aus Bochum ein Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 Euro. Dieses begründet er mit Taten schweren sexuellen Missbrauchs aus den Jahren 1999 bis 2005, die Gegenstand eines vor dem Landgericht Bochum gegen den Beklagten geführten Strafverfahrens waren. Vom Landgericht Bochum wurde der Beklagte wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in weit über 100 Fällen, begangen zum Nachteil des Klägers und seines Bruders, zu einer Freiheitsstrafe von 9 Jahren verurteilt. Das Urteil ist nach seiner Bestätigung durch den Bundes­ge­richtshof im Jahre 2011 rechtskräftig. Der zivil­recht­lichen Schmer­zens­geld­for­derung des Klägers ist der Beklagte entge­gen­ge­treten, indem er die Straftaten und für den Kläger nachteilige gesundheitliche Folgen bestreitet.

OLG lehnt Prozess­kos­tenhilfe für Rechts­ver­tei­digung des Vaters ab

Das Oberlan­des­gericht Hamm hat es abgelehnt, dem beklagten Vater Prozesskostenhilfe für seine Rechts­ver­tei­digung gegen einen Schmer­zens­geldan­spruch in Höhe von 65.000 Euro zu bewilligen. Die insoweit vom Beklagten beabsichtigte Rechts­ver­tei­digung sei nicht erfolg­ver­sprechend. Aufgrund der straf­recht­lichen Verurteilung sei auch im Zivilprozess davon auszugehen, dass der Beklagte ein Schmerzensgeld in dieser Höhe schulde. Zwar seien die in einem straf­recht­lichen Urteil festgestellten Tatsachen für die denselben Sachverhalt beurteilenden Zivilgerichte nicht bindend. Die tatsächlichen Feststellungen in einem Strafurteil könnten aber im Wege des Urkun­den­be­weises im Zivilprozess berücksichtigt und vom Zivilgericht - nach eigener kritischer Prüfung - der eigenen Überzeu­gungs­bildung zugrunde gelegt werden. Ausgehend von diesen Grundsätzen bestünden im vorliegenden Fall keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Beklagte die ihm zur Last gelegten Straftaten zum Nachteil des Klägers begangen habe. Der aufgrund einer umfassenden und differenzierten Beweiswürdigung im Strafurteil festgestellte Sachverhalt werde vom Beklagten nicht hinreichend bestritten.

Für einen über die Schmer­zens­geld­for­derung hinausgehenden Betrag ist Prozess­kos­tenhilfe zu bewilligen

Anzahl und Schwere der im Strafurteil festgestellten Missbrauch­staten rechtfertigten bereits ein Schmerzensgeld in der vom Gericht zugrunde gelegten Höhe. Aufzuklären sei allerdings, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang vom Kläger als Tatfolgen behauptete psychische Auffälligkeiten auf die Missbrauch­staten zurückzuführen seien, weil das Strafurteil hierzu keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen enthalte. Deswegen sei dem Beklagten für eine Recht­ver­tei­digung gegen eine über den Betrag von 65.000 Euro hinausgehende Schmer­zens­geld­for­derung Prozess­kos­tenhilfe zu bewilligen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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