18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Hamm Urteil02.09.2016

Nicht­berührungs­unfall: Radfahrer muss Verursachung eines Unfalls durch Gegenverkehr beweisen könnenBloße Anwesenheit eines fahrenden Fahrzeugs an der Unfallstelle nicht ausreichend

Stürzt ein Radfahrer auf einer schmalen Straße ohne ein entge­gen­kom­mendes Fahrzeug zu berühren, muss der geschädigte Radfahrer beweisen, dass sein Sturz durch die Betriebsgefahr des Fahrzeugs mit beeinflusst wurde. Die bloße Anwesenheit eines fahrenden Fahrzeugs an der Unfallstelle reicht insoweit nicht aus. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Münster.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2013 befuhr die seinerzeit 75 Jahre alte Geschädigte aus Gronau mit ihrem Fahrrad eine 3 m breite Straße. Aus entge­gen­ge­setzter Richtung näherte sich die seinerzeit 51 Jahre alte Pkw-Fahrerin mit einem 1,70m breiten Mercedes-Benz. Noch bevor sich die Beteiligten begegneten, stürzte die Geschädigte. Dabei fiel sie mit dem Kopf auf die Fahrbahn. Die Pkw-Fahrerin wich aus und geriet mit ihrem Fahrzeug in den rechtsseitigen Bewäs­se­rungs­graben. Bei dem Geschehen berührten sich Pkw und Fahrrad bzw. die Geschädigte nicht. Die Geschädigte erlitt durch den Sturz schwere Kopfver­let­zungen, durch die sie ins Koma fiel. Sie verstarb im September 2014. Von der Fahrerin, der Fahrzeug­halterin sowie der Haftpflicht­ver­si­cherung des Fahrzeugs verlangten die für die Geschädigte zuständige Krankenkasse und die Pflegekasse die Erstattung aufgewandter Behandlungs- und Pflegekosten. Diese regulierte die Haftpflicht­ver­si­cherung außer­ge­richtlich zu einem Viertel. Im Rechtsstreit machen die klagenden Kassen weitere Behand­lungs­kosten in Höhe von ca. 14.000 Euro sowie Pflegekosten in Höhe von ca. 16.000 Euro gegen die Beklagten geltend.

Bloße Anwesenheit eines im Betrieb befindlichen Fahrzeugs an der Unfallstelle als Unfallursache nicht ausreichend

Die Klage - gestützt auf einen auf die Kassen übergegangenen Schaden­s­er­satz­an­spruch der Geschädigten - blieb erfolglos. Es stehe nicht fest, dass sich die vom Fahrzeug der Beklagten ausgehende Betriebsgefahr beim Sturz der Geschädigten ausgewirkt habe, entschied das Oberlan­des­gericht. Hierzu müsse das Fahrzeug durch seine Funktion als Fortbewegungs- und Transportmittel den Unfall in irgendeiner Form mit beeinflusst haben. Bei einem Unfall ohne Berührung der Verkehrs­teil­nehmer müsse ein Fahrzeug durch seine Fahrweise zur Entstehung des Unfalls beigetragen haben. Die bloße Anwesenheit eines im Betrieb befindlichen Fahrzeugs an der Unfallstelle reiche hierzu nicht aus.

Kläger muss vom Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr beweisen können

Dass sich beim Unfall die Betriebsgefahr des Beklag­ten­fahrzeugs ausgewirkt habe, müssten im Streitfall die Klägerinnen beweisen, weil es um eine Haftungs­vor­aus­setzung gehe. Dieser Nachweis sei nicht geführt. Nach der Darstellung der beklagten Fahrerin sei die Geschädigte bereits in einer Entfernung von ca. 30-35m von ihrem Fahrzeug gestürzt. Hiernach habe das Fahrzeug den Sturz nicht mit veranlasst. Ein abweichender Unfallhergang, nach welchem ein Zusammenhang zwischen der vom Beklag­ten­fahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr und dem Sturz der Geschädigten anzunehmen sei, etwa ein vom Beklag­ten­fahrzeug veranlasstes Ausweichmanöver der Radfahrerin, sei nicht feststellbar.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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