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Oberlandesgericht Hamm Beschluss30.05.2018
Verurteilung wegen Volksverhetzung nach Leugnung des Holocaust und des Vernichtungslagers Auschwitz bestätigtLeugnen des Holocausts und der Vernichtung von Juden im Konzentrationslager stellt strafbare Tathandlungen dar
Die Verurteilung einer heute 89 Jahre alten Angeklagten wegen Volksverhetzung nach Leugnung des Holocausts und eines in Auschwitz unterhaltenes Vernichtungslager ist nicht zu beanstanden. Das Oberlandesgericht Hamm verwarf die Revision der Frau gegen das Berufungsurteil des Landgerichts Detmold als unbegründet. Die vom Landgericht wegen Volksverhetzung in zwei Fällen verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde, ist damit rechtskräftig.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Angeklagte hatte in der Zeit von Juli bis Dezember 2014 eine Internetseite mit von ihr selbst verfassten, zum Teil auch auf dem Postweg versandten Artikeln unterhalten. In diesen hatte sie u.a. den Holocaust und ein in Auschwitz unterhaltenes Vernichtungslager geleugnet. Als sich die Angeklagte wegen Volksverhetzung im September 2016 vor dem Amtsgericht Detmold zu verantworten hatte, verteilte sie in einer Sitzungspause vor der Urteilsverkündung - das letzte Wort war ihr bereits erteilt worden - mehrere Blattsammlungen u.a. an Pressevertreter und Zuhörer, in denen sie erneut den Holocaust und ein Vernichtungslager in Auschwitz in Abrede stellte.
Verurteilung wegen Volksverhetzung
Aufgrund dieser Taten wurde die Angeklagte in erster Instanz wegen Volksverhetzung von den Amtsgerichten Bad Oeynhausen (Urteil vom 11. Oktober 2016, Az. 85 Ds - 261 Js 317/14 - 197/16) und Detmold (Urteil vom 17.02.2017, Az. 2 Ds - 21 Js 814/16 - 1203/16) jeweils zu mehrmonatigen Freiheitsstrafen verurteilt. Über die Berufungen der Angeklagten gegen diese Urteile hat das Landgericht Detmold am 28. November 2017 - nach der Verbindung der beiden Verfahren - entschieden. Die beschriebenen Taten erfüllen den Tatbestand der Volksverhetzung. Den diesbezüglichen Schuldspruch des Landgerichts Detmold bestätigte das Oberlandesgericht Hamm in seiner Entscheidung.
Inabredestellen von Tatsachen fällt nicht unter den Schutz der Meinungsfreiheit
Mit ihren im Internet veröffentlichten und im Sitzungssaal verteilten Schriften habe die Angeklagte einen als Volksverhetzung strafbaren Inhalt verbreitet, so das Oberlandesgericht. In den Schriften habe sie ihr persönliches Fazit, nach dem Auschwitz ein Arbeitslager und kein Vernichtungslager gewesen sei und es den Holocaust nicht gegeben habe, als zwingende Schlussfolgerung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse dargestellt und ihrer Schlussfolgerung daher den Charakter einer Tatsachenbehauptung gegeben. Da es sich bei dem Massenvernichtungsunrecht, welches unter der Herrschaft des Nationalsozialismus der jüdischen Bevölkerung angetan wurde, um eine geschichtlich erwiesene Tatsache handele, könne deren Inabredestellen nicht dem Schutz der Meinungsfreiheit unterfallen.
Schriften der Angeklagten zur Störung des öffentlichen Friedens geeignet
Das Leugnen des Holocausts und der unter der Herrschaft der Nationalsozialisten vorgenommenen Vernichtung von Juden im Konzentrationslager Auschwitz seien strafbare Tathandlungen im Sinne des Straftatbestandes der Volksverhetzung. Insoweit seien die Schriften der Angeklagten geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören. So habe aufgrund des Inhalts der von der Angeklagten verfassten und in die Öffentlichkeit getragenen Schriften die Gefahr bestanden, dass die Botschaft der Angeklagten von Gleichgesinnten weitergetragen werde, das politische Klima aufheize und dadurch Unfrieden in der Bevölkerung stifte.
Die Angeklagte habe vorsätzlich gehandelt. Die im September 2016 begangene Tat sei auch kein Fall legitimer Strafverteidigung.
Auch der Rechtsfolgenausspruch der Kammer weise keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf. Das hohe Alter der Angeklagten sei zu ihren Gunsten berücksichtigt worden.
Erläuterungen
Hintergrund: Wegen Volksverhetzung ist gemäß § 130 Strafgesetzbuch u.a. zu bestrafen, wer mittels einer verbreiteten Schrift eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art - hierzu gehören das Leugnen des Holocausts oder eines Massenvernichtungslagers in Auschwitz - in einer Weise billigt, leugnet oder verharmlost, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.06.2018
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online
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