18.10.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.
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Oberlandesgericht Hamm Urteil12.08.2013

Frauenarzt haftet bei zu spät erkannter Brust­krebs­erkrankungUnterlassener Hinweis zur Teilnahme an Mammo­gra­phie­s­creening ist als grober Behand­lungs­fehler zu bewerten

Ein Frauenarzt haftet auf Schadensersatz, weil er einer Patientin, bei der im Jahre 2010 Brustkrebs diagnostiziert wurde, nicht bereits bei der im Jahre 2008 durchgeführten Krebs­vorsorge­untersuchung zu einem Mammo­graphie­screening geraten hat. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm unter teilweiser Abänderung der Entscheidung des Landgerichts Essen.

Im zugrunde liegenden Fall befand sich die heute 66jährige Klägerin aus Dorsten seit langen Jahren in frauen­ärzt­licher Behandlung beim beklagten Arzt in Dorsten. Der Beklagte nahm jährliche Brust­kre­bs­vor­sor­ge­un­ter­su­chungen vor, bei denen er neben der klinischen Untersuchung eine Ultra­scha­ll­un­ter­suchung (Sonographie) der Brust veranlasste. Im Jahre 2001 fand eine Mammographie statt, zu deren Wiederholung der Beklagte der Klägerin erst im Jahre 2010 riet. Aus der dann durchgeführten Mammographie ergab sich der Verdacht eines Mammakarzinoms in einer Brust. Der Tumor wurde in der Folgezeit diagnostiziert und operativ behandelt, wobei befallene Lymphknoten entfernt werden mussten. Im Anschluss hieran hatte sich die Klägerin einer Strah­len­therapie und einer Chemotherapie zu unterziehen. Vom Beklagten hat sie umfassenden Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 Euro. Sie war der Auffassung, der Brustkrebs sei bei ihr früher zu erkennen und weniger belastend zu behandeln gewesen, wenn ihr der Beklagte im Rahmen der Krebsvorsorge ab dem Jahr 2002 zu einer Mammographie geraten hätte.

Mammographie war als einzig sichere Methode zur Senkung des Morta­li­täts­risikos anerkannt

Das Oberlan­des­gericht Hamm hat dem Klagebegehren weitgehend entsprochen und der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro zugesprochen. Der Beklagte hafte, weil er der Klägerin nicht bereits bei der Vorsor­ge­un­ter­suchung im Jahre 2008 zur Teilnahme an einem Mammo­gra­phie­s­creening geraten habe. Zu dieser Zeit sei eine Mammographie als einzig sichere Methode zur Senkung des Morta­li­täts­risikos anerkannt gewesen. In dem speziellen Fall der Klägerin sei der unterlassene Rat, an einem Mammo­gra­phie­s­creening teilzunehmen, sogar als grober Behand­lungs­fehler zu bewerten, weil es der Klägerin während ihrer Behandlung ersichtlich auf die Minimierung jedweden Brust­kre­bs­risikos angekommen sei und der Beklagte ihr zudem zuvor ein Medikament verordnet habe, das geeignet gewesen sei, das Brust­kre­bs­risiko zu erhöhen.

Bei früher erkannter Brust­kre­bs­er­krankung wäre Behandlung mit weniger belastender Operation möglich gewesen

Zu Gunsten der Klägerin sei deswegen davon auszugehen – den Nachweis eines anderen Verlaufs habe der Beklagte aufgrund des groben Behand­lungs­fehlers zu erbringen, aber nicht erbracht –, dass sich bei einer bereits im Jahr 2008 erkannten Krebserkrankung noch keine Metastasen gebildet hatten und die Klägerin mit einer weniger belastenden Operation hätte behandelt werden können. Auch eine Chemotherapie wäre ihr dann erspart geblieben. Diesen Verlauf habe auch der im Verfahren gehörte medizinische Sachverständige für nicht unwahr­scheinlich gehalten. Im Übrigen hätte sich bei einer früheren Behandlung eine günstigere Prognose für die 5-Jahres-Überlebensrate ergeben.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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