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Oberlandesgericht Hamm Urteil16.08.2016
Im Jahr 2011 produzierter Mercedes kann 2012 noch als Neufahrzeug verkauft werdenOLG verneint Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages
Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass ein im Jahre 2011 produzierter Mercedes CL 500 kann vor Ablauf der Jahresfrist im Jahre 2012 noch als Neufahrzeug zu verkaufen sein.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin aus Herdecke erwarb als Ersatz für ein Unfallfahrzeug mittels einer Ende September 2012 unterzeichneten Bestellung - über die erstbeklagte Vertragshändlerin für Fahrzeuge der Marke Mercedes aus Hagen - von der zweitbeklagten Herstellerin aus Stuttgart einen Mercedes CL 500 als Neufahrzeug. Das erworbene Fahrzeug war bereits Ende September 2011 produziert worden. Ohne Berücksichtigung eines auf das Unfallfahrzeug entfallenden Restwertes zahlte die Klägerin einen Kaufpreis in Höhe von ca. 105.000 Euro für das bestellte Neufahrzeug. Dieses übernahm sie - in Kenntnis des Produktionsjahres - im Oktober 2012.
Klägerin hält Fahrzeug nicht für Neuwagen und verlangt Rückabwicklung des Kaufvertrags
Ende 2012/Anfang 2013 verlangte die Klägerin von den Beklagten die Rückabwicklung des Kaufvertrages mit der Begründung, dass das bereits im September 2011 produzierte Fahrzeug beim Verkauf über ein Jahr alt und deswegen kein Neufahrzeug mehr gewesen sei. Zudem habe es vor dem Verkauf schon länger bei der beklagten Vertragshändlerin auf Halde gestanden und sei von dieser auch auf Straßenausstellungen als Vorführwagen benutzt worden. Deswegen habe es bei der Übergabe eine Laufleistung von schon 86 km aufgewiesen.
Klägerin verlangt auf dem Klagewege Rückzahlung des Kaufpreises
Nachdem die Beklagten die Neulieferung eines Mercedes CL 500 und auch Rückabwicklung des Kaufvertrages abgelehnt hatten, hat die Klägerin von den Beklagten - unter Anrechnung eines Nutzungsvorteils für gefahrene Kilometer - im Klagewege die Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von ca. 103.800 Euro und die Herausgabe ihres verunfallten Fahrzeugs gegen Rückgabe des gekauften Mercedes verlangt.
Verkauftes Fahrzeug war bei Übergabe nicht mangelhaft
Die Klage blieb vor dem Oberlandesgericht Hamm erfolglos. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Rückabwicklung des streitigen Kaufvertrages zu, so das Gericht. Es könne nicht festgestellt werden, dass der als Neufahrzeug verkaufte Mercedes bei der Übergabe an die Klägerin mangelhaft gewesen sei.
Übergabe eines Fahrzeugs mit Herstellungsdatum "2012" war nicht vereinbart
Dass die Klägerin ein erst im Jahre 2012 hergestelltes Fahrzeug habe kaufen wollen, sei von den Parteien so nicht ausdrücklich vereinbart worden. Ihre diesbezügliche Behauptung habe die Klägerin nicht nachweisen können. Gegen die Annahme, der Abschluss des Kaufvertrages habe mit dem Produktionsjahr 2012 "stehen und fallen" sollen, spreche im Übrigen, dass die Klägerin an dem Vertrag festgehalten habe, nachdem sie Anfang Oktober 2012 erfahren habe, dass ihr gekauftes Fahrzeug bereits im Jahre 2011 hergestellt worden sei. Den Kaufvertrag habe sie dann - nach Gewährung eines weiteren Nachlasses von 3.000 Euro - vollzogen.
Mercedes durfte als Neufahrzeug verkauft werden
Der Mercedes habe der Klägerin auch als Neufahrzeug verkauft werden dürfen. Nach der Rechtsprechung sei ein Fahrzeug fabrikneu, wenn es aus neuen Materialien zusammengesetzt und unbenutzt sei, wenn und solange das Modell unverändert weitergebaut werde, wenn das verkaufte Fahrzeug keine durch längere Standzeiten bedingten Mängel aufweise und nach der Herstellung keine Beschädigungen eingetreten seien sowie wenn zwischen Herstellung und Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als zwölf Monate lägen.
Dass diese Voraussetzungen beim streitgegenständlichen Mercedes nicht erfüllt seien, habe die insoweit beweisbelastete Klägerin nicht nachweisen können. So habe sie nicht substantiiert dargetan und nicht unter Beweis gestellt, dass das Fahrzeug nur noch ein bis Mitte 2012 produziertes "Auslaufmodell" gewesen sei. Ebenso sei nicht bewiesen, dass das Fahrzeug bei der Übergabe bereits benutzt gewesen sei, weil es zuvor bei Ausstellungen als Probefahrzeug gedient habe. Den Nachweis dafür, dass das Fahrzeug bei der Übergabe bereits 86 km gelaufen sei, habe die Klägerin ebenfalls nicht erbracht. In dem bei der Übergabe unterzeichneten "Torpass" habe die Klägerin die Laufleistung nicht beanstandet. Schließlich sei das Fahrzeug beim Erwerb durch die Klägerin auch nicht älter als zwölf Monate gewesen. Es sei am 30. September 2011 produziert, von der Klägerin dann am 27. September 2012 bestellt worden, wobei die beklagte Herstellerin die Bestellung am 28. September 2012 akzeptiert habe, so dass der Kaufvertrag zu diesem Zeitpunkt und damit vor Ablauf der Jahresfrist zustande gekommen sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 16.09.2016
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online
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