18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 13337

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Urteil14.03.1997Oberlandesgericht Hamm27 U 218/94
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 1997, 467Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 1997, Seite: 467
  • VersR 1996, 898Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 1996, Seite: 898
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Vorinstanz:
  • Landgericht Münster, Urteil29.09.1994, 2 O 411/94
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamm Urteil14.03.1997

Vertei­di­gungs­notstand eines Postboten: Briefzusteller darf Dackelangriff mit Holzknüppel abwehrenHalter des Hundes muss Kosten für tierärztliche Behandlung selbst tragen

Ein Postbote, der zum Erreichen eines Briefkastens das Grundstück betreten muss, dem muss der Zutritt gefahrlos gewährt werden. Greifen ihn Hunde an, so darf er sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln wehren, da die eigene Gesundheit Vorrang vor der Unversehrtheit des Tieres genießt. Dies geht aus einem Urteil des Oberlan­des­ge­richts Hamm hervor.

Der Kläger im vorliegenden Fall beanspruchte von einem Postboten Schadensersatz in der Höhe von 1.507 DM, die ihm durch die tierärztliche Behandlung seines Dackels "Biene" entstanden waren. Der Postbote hatte, als er den Hofraum des Hauses betrat, um den dortigen Briefkasten zu erreichen, auf die drei Dackel "Kessi, Grete" und "Biene" eingetreten und mit einem Knüppel eingeschlagen, nachdem ihn die Tiere angegriffen hatten. Dabei wurde der Dackel "Biene" verletzt und musste tierärztlich behandelt werden.

Postbote schlägt laut Kläger mehrfach auf die zunächst nur bellenden, sonst aber friedlichen Hunde ein

Der Kläger behauptete, der Postbote habe entgegen den Anweisungen seiner Ehefrau, sich ruhig zu verhalten, auf die zunächst nur bellenden, sonst aber friedlichen Hunde eingetreten und diese so zur Aggression herausgefordert. Anschließend habe er mit einem Birkenknüppel die Hunde in die Flucht geschlagen, dabei "Biene" verfolgt und mehrfach getroffen. Der Hund habe dabei Knochenbrüche erlitten. Der beklagte Postbote behauptete hingegen, die Dackel hätten ihn sofort nach Betreten des Grundstücks angefallen und gebissen. Fußtritte hätten die Tiere nicht abwehren können, so dass er einen Birkenpfahl zu Hilfe nehmen musste.

Schaden am Tier ist im Vertei­di­gungs­notstand eingetreten

Eine unerlaubte Handlung des Beklagten habe nach Urteil des Oberlan­des­ge­richts Hamm nicht vorgelegen. Der Mann habe zwar den Hund durch einen Schlag mit dem Knüppel verletzt und damit dafür gesorgt, dass eine tierärztliche Behandlung nötig wurde, die Verletzung des Tieres sei jedoch nicht rechtswidrig erfolgt. Vielmehr sei der Schaden im Verteidigungsnotstand eingetreten. Demnach stehe für das Gericht unstreitig fest, dass der Postbote von den Hunden angegriffen und gebissen worden sei, als er in Ausübung seines Dienstes beim Kläger Post habe zustellen wollen. Gegen diese Angriffe habe er sich wehren dürfen, da die Dackel auch auf Kommandos der Ehefrau des Klägers nicht reagierten und sich auch sonst nicht beruhigen ließen. Durch Flucht wären die Tiere ebenfalls nicht einfach abzuschütteln gewesen, da sie dadurch zur Verfolgung herausgefordert worden wären. Auch der Einsatz eines Knüppels sei gerechtfertigt, da andere Abwehrversuche, wie das Schlagen mit Poststücken und Tritte, erfolglos geblieben wären. Dass der Dackel "Biene" erst dann von dem Knüppel verletzt worden sei, als bereits kein Vertei­di­gungs­notstand mehr gegeben war, der Hund sich also bereits auf dem Rückzug befand, konnte das Gericht nicht feststellen.

Kläger musste dem Postboten gefahrlosen Zugang zum Grundstück ermöglichen

Der durch die Abwehr verursachte Schaden stehe nicht außer Verhältnis zur abgewendeten Gefahr. Der Schutz des Lebens und der Gesundheit des Beklagten gehe dem Interesse des Klägers an der Unversehrtheit des Dackels vor. Zudem sei die zugefügte Verletzung unbedeutend gewesen, da sie bereits nach drei Monaten verheilt sei. Der Beklagte wäre außerdem berechtigt gewesen, das Grundstück zum Zwecke der Briefzustellung zu betreten, da er die Post in den Briefkasten einzuwerfen hatte. Es sei schließlich Sache des Hundehalters und Grund­s­tü­ck­ei­gen­tümers, dies gefahrlos zu ermöglichen.

Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Hamm (vt/st)

der Leitsatz

Wird ein Postbote von einem Hund angegriffen und gebissen und wehrt er sich dabei mit einem Birkenknüppel, so muss er den am Hund eingetretenen Schaden nicht übernehmen. In einem solchen Fall handelt der Postbote im Notstand, gemäß § 228 BGB (rao).

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