23.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 25597

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Oberlandesgericht Hamm Urteil19.01.2018

OLG Hamm zur Haftung bei einem Fußgängerunfall auf dem RadwegMitverschulden von je 50 % bei zu schnellem Radfahrer und unaufmerksamen Fußgänger

Die das Überqueren einer Straße regelnde Fußgängerampel gilt nicht für einen Radweg, der durch einen Gehweg von der Fußgängerfurt der Straße getrennt ist. Kollidiert ein unaufmerksam auf einen solchen Radweg tretender Fußgänger mit einem in der Verkehrs­si­tuation zu schnell fahrenden Radfahrer, können beide gleichermaßen für das Unfallgeschehen verantwortlich sein. Dies entschied das Oberlan­des­ge­richts Hamm und änderte das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Münster ab.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die seinerzeit 68 Jahre alte Klägerin aus Hörstel ging - aus der Innenstadt kommend - im Oktober 2014 in Rheine im Kreuzungs­bereich Kardinal-Galen-Ring/Bahnhofstraße über den Kardinal-Galen-Ring in Richtung Bahnhof. Sie passierte die Straße bei Grünlicht der Fußgängerampel. Den hinter der Straßenfurt gelegenen, zum Bahnhofs­vorplatz führenden Gehweg quert ein durch eine farblich abgehobene Pflasterung als solcher erkennbarer Radweg. Beim Überqueren dieses Radweges stieß die Klägerin mit dem Beklagten aus Rheine zusammen, der mit seinem Fahrrad aus der Richtung der Bahnhofs­un­ter­führung kommend dem an dieser Stelle nach rechts abbiegenden Radweg gefolgt war. Die Klägerin stürzte und zog sich - so ihre Darstellung - mehrere Knochenbrüche und einen Bänderriss zu, für welche sie vom Beklagten Schadensersatz verlangt.

LG bejaht Anspruch auf Schadensersatz wegen überhöhter Geschwindigkeit des Radfahrers

Das Landgericht verurteilte den Beklagten in einem Grund- und Teilurteil zur Zahlung eines der Höhe nach noch festzu­stel­lenden Schaden­s­er­satzes und eines in der Höhe noch zu bemessenden Schmer­zens­geldes. Das Gericht war dabei der Auffassung, dass der Beklagte als Rechtsabbieger zu behandeln sei und als solcher den Vorrang der die Kreuzung bei Grünlicht in Richtung des Bahnhofs­vor­platzes überquerenden Klägerin nicht beachtet habe. Zudem sei der Beklagte, so das Landgericht, mit einer den Verkehrs­ver­hält­nissen nicht angepassten Geschwindigkeit gefahren und habe daher für den der Klägerin entstandenen Schaden allein aufzukommen.

OLG: Radfahrer ist nur zu 50 prozentigem Schadensersatz verpflichtet

Auf die Berufung des Beklagten änderte das Oberlan­des­ge­richts Hamm das erstin­sta­nzliche Urteil ab und verurteilte den Beklagten dem Grunde nach nur zu einem 50 prozentigen Schadensersatz. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei der Beklagte gegenüber der Klägerin bevorrechtigt und nicht wartepflichtig gewesen. Er habe den an dem Kreuzungs­bereich vorbeigeführten Radweg genutzt, für den die Licht­zei­che­n­anlage nicht gelte. Diese solle den Fußgängern eine sichere Überquerung der Straße ermöglichen. Beabsichtige ein Fußgänger - im Anschluss an das Überqueren der Fahrbahn und nach dem Erreichen des zum Bahnhofs­vorplatz führenden Gehwegs - auch den dort verlaufenden Radweg zu überqueren, sei dies eine neue, durch die Licht­zei­che­n­anlage nicht geregelte Verkehrs­si­tuation. Ein Radfahrer, der aus Richtung der Bahnhofs­un­ter­führung kommend dem in einer Rechtskurve ausgestalteten und dann neben dem Kardinal-Galen-Ring geführten Radweg folge, biege - im Rechtssinne - nicht nach rechts von der Bahnhofstraße in den Kardinal-Galen-Ring ab. Vielmehr folge er einem Verlauf des Radweges der mit dem Straßenverlauf bei einer abknickenden Vorfahrt vergleichbar sei. Auch bei dieser liege kein Abbiegen im Sinne der Straßen­ver­kehrs­ordnung vor, weil die bevorrechtigte Fahrbahn nicht seitlich verlassen werde.

Radfahrer trifft wegen überhöhter Geschwindigkeit Mitverschulden

Der Beklagte habe den Unfall allerdings mit verschuldet, weil er den nach rechts abbiegenden Radweg mit einer den Verkehrs­ver­hält­nissen nicht angepassten, überhöhten Geschwindigkeit befahren habe. Das ergebe sich bereits aus seiner eigenen Unfall­schil­derung, nach welcher ihm die Kurve eine freie Sicht auf den dahin­ter­lie­genden Bereich mit der Licht­zei­che­n­anlage und dem Fußgän­ge­r­überweg versperrt habe und er dann, als er die Klägerin wahrgenommen habe, den Unfall trotz seiner sofortigen Bremsung nicht mehr habe verhindern können.

Auch Fußgängerin trifft Mitverschulden

Ein Mitverschulden der Klägerin sei neben dem Verschul­dens­beitrag des Beklagten anspruchs­mindernd zu berücksichtigen. Beim Überqueren des Radweges habe sie den Vorrang des Radverkehrs nicht ausreichend beachtet, was sich bereits aus dem Unfallort auf dem Radweg ergebe. Die Klägerin müsse sich zudem vorhalten lassen, nicht ausreichend auf Radfahrer aus der Fahrtrichtung des Beklagten geachtet zu haben, die für sie aufgrund des Kurvenverlaufs des Radweges nicht genau zu überblicken gewesen sei.

Den Verschul­dens­beitrag des Beklagten und das Mitverschulden der Klägerin bemesse das Gericht mit jeweils 50 %. Auf der Grundlage dieser Haftungsquote habe das Landgericht die Schadenshöhe weiter aufzuklären.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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