Oberlandesgericht Hamm Urteil05.09.2014
Zahnarzt muss bei Zahnersatz mit erheblichen Mängeln Neuanfertigung anbietenPatient kann Behandlungsvertrag fristlos kündigen und Schmerzensgeld verlangen
Weist eine zahnprothetische Brücke so erhebliche Mängel auf, dass sie erneuert werden muss, muss der Zahnarzt dem Patienten eine Neuanfertigung anbieten. Unterlässt er dies, kann der Patient den Behandlungsvertrag fristlos kündigen, schuldet kein Zahnarzthonorar und kann seinerseits Schmerzensgeld beanspruchen. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm und änderte damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Bielefeld ab.
Im zugrunde liegenden Streitfall ließ sich der heute 72 Jahre alte, beklagte Patient aus Bielefeld von 2006 bis Mai 2011 vom klagenden Zahnarzt aus Bielefeld zahnärztlich behandeln. Anfang des Jahres 2011 führte der Kläger eine zahnprothetische Behandlung durch und gliederte dem Beklagten Brücken ein. Hierfür berechnete er Behandlungskosten in Höhe von ca. 8.600 Euro. Diese beglich der Beklagte nicht, weil die Brücken nach seiner Ansicht - auch nach Nachbesserungsversuchen seitens des Klägers - erhebliche Mängel aufwiesen. Der Kläger teilte dem Beklagten sodann mit, dass er zu weiteren zahnärztlichen Leistungen ohne Vergütung nicht mehr bereit sei. Der Beklagte lehnte darauf hin weitere Behandlungen durch den Kläger ab. Mit seiner Klage hat der Kläger vom Beklagten die Bezahlung der Behandlungskosten verlangt. Im Wege der Widerklage hat der Beklagte den Kläger auf Zahlung von Schadensersatz, u. a. eines Schmerzensgeldes in Anspruch genommen.
Zahnarzt muss 2.500 Euro Schmerzensgeld zahlen
Das Oberlandesgericht Hamm gab dem Patienten Recht, wies die Klage ab und verurteilte den Kläger auf die Widerklage zur Zahlung von 2.500 Euro Schmerzensgeld.
Zahnarzt muss sich erhebliche Behandlungsfehler zurechnen lassen
Nach der Anhörung eines zahnmedizinischen Sachverständigen stehe fest, dass der Beklagte den Behandlungsvertrag habe fristlos kündigen dürfen und dem Kläger auch kein zahnärztliches Honorar für bereits erbrachte Leistungen schulde. Dem Kläger seien erhebliche Behandlungsfehler vorzuwerfen. Die dem Beklagten eingegliederte Brückenkonstruktion sei mit zahlreichen Mängeln behaftet. Ihre Keramik weise Schäden auf, die Kontakte der Kauflächen seien nicht ausreichend und gleichmäßig ausgeführt. Zudem weise die Brückenkonstruktion erhebliche Schleifspuren auf, die die Versorgung insgesamt nutzlos machten. Die Brücke müsse neu hergestellt werden. Auf weiteren Nachbesserungen durch den Kläger habe sich der Beklagte nicht einlassen müssen, weil der Kläger eine Neuanfertigung nicht angeboten habe.
Behandlungsfehler führten zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen beim Patienten
Die dem Kläger anzulastenden Behandlungsfehler hätten zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen beim Beklagten geführt, für die der Kläger ein Schmerzensgeld von 2.500 Euro schulde. Die Fehler hätten eine Verlagerung des Kiefergelenks, eine Fehlbelastung der Muskulatur dieses Bereichs und später den Abbruch eines Zahnes zur Folge gehabt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.11.2014
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online