18.10.2024
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss26.07.2013

Grundbuch kann beim Erbfall auch ohne Erbschein berichtigt werdenIn öffentlicher Urkunde enthaltenes Testament kann Grundlage einer Grund­buch­berichtigung sein

Die nach einem Erbfall notwendige Grund­buch­berichtigung kann ohne Erbschein erfolgen, wenn sich die Erbfolge aus einer dem Grundbuchamt vorliegenden öffentlichen Testa­ments­urkunde ergibt. Das Grundbuchamt hat die Testa­ments­urkunde auszulegen und kann nur bei einem weiterhin klärungs­be­dürften Sachverhalt auf der Vorlage eines – kostenpflichten – Erbscheins bestehen. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm unter Abänderung einer Zwischen­ver­fügung des Grundbuchamts beim Amtsgericht Warendorf.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die im Jahre 2012 und 2013 verstorbenen Eheleute aus Warendorf/Freckenhorst hatten 1999 einen notariellen Erbvertrag errichtet, in dem sie sich wechselseitig zu „Alleinerben“ und ihre beiden Kinder u.a. zu „Nacherben“ mit hälftigem Anteil eingesetzt hatten. Nach ihrem Tode haben ihre Kinder beim Grundbuchamt beantragt, sie aufgrund des Erbvertrages als Eigentümer im Grundbuch des zum Nachlass gehörenden Grundstücks in Freckenhorst einzutragen. Mit einer Zwischen­ver­fügung hat das Grundbuchamt den Antragstellern aufgegeben, ihre Erbenstellung durch einen Erbschein nachzuweisen, weil diese aufgrund des nicht wider­spruchs­freien Wortlautes mit dem Erbvertrag allein nicht hinreichend belegt sei.

Grundbuchamt macht beantragte Grund­buch­be­rich­tigung zu Unrecht von Vorlage eines Erbscheins abhängig

Die gegen die Zwischen­ver­fügung erhobene Beschwerde der Antragsteller hatte Erfolg. Das Oberlan­des­gericht Hamm hat festgestellt, dass das Grundbuchamt die beantragte Grundbuchberichtigung zu Unrecht von der Vorlage eines Erbscheins abhängig gemacht habe. Nach der Grund­buch­ordnung könne ein in einer öffentlichen Urkunde enthaltenes Testament Grundlage einer Grund­buch­be­rich­tigung sein. Das gelte auch dann, wenn das Grundbuchamt die sich aus dem Testament ergebende Erbfolge erst im Wege der Auslegung und unter Berück­sich­tigung gesetzlicher Ausle­gungs­vor­schriften ermitteln könne. Nur bei Zweifeln tatsächlicher Art, wenn weiterer Sachverhalt aufzuklären sei, könne ein Erbschein verlangt werden. Das sei vorliegend nicht der Fall.

Formulierung „unsere Erben“ lässt auf Schlus­ser­ben­ein­setzung der Kinder nach dem letzt­vers­ter­benden Elternteil schließen

Dem Grundbuchamt sei zwar zuzugeben, dass der Wortlaut des Erbvertrages nicht klar erkennen lasse, ob die Kinder nur Schlusserben nach dem letzt­vers­ter­benden Elternteil sein sollten. Nach dem Wortlaut sei auch denkbar, dass bereits beim Tod des erstvers­ter­benden Elternteils eine Vor- und Nacherbschaft eintreten sollte, nach welcher der überlebende Ehegatte Vorerbe und beide Kinder Nacherben werden sollten, ohne dass damit auch die Erbfolge nach dem überlebenden Ehegatten geregelt worden sei. In Bezug auf die beantragte Grund­buch­be­rich­tigung müsse diese Unklarheit aber nicht weiter aufgeklärt werden. Die weitere Auslegung des Erbvertrages, der die Kinder auch als „unsere Erben“ bezeichne, führe nämlich zu dem Ergebnis, dass auch bei Annahme einer Vor- und Nacherbfolge nach dem erstvers­ter­benden Elternteil zusätzlich eine Schlus­ser­ben­ein­setzung der Kinder nach dem letzt­vers­ter­benden Elternteil gewollt sei. Damit stehe in jedem Fall fest, dass beide Kinder (in Erben­ge­mein­schaft) Eigentümer des betroffenen Grundbesitzes geworden seien.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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