23.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss10.06.2014

Beleidigung durch Zeigen des "Stinkefingers" muss bewiesen werden könnenÜberwiegende Wahrschein­lichkeit einer Beleidung für Anordnung eines Ordnungsgeldes nicht ausreichend

Ein Gericht kann im Rahmen eines Gewalt­schutz­verfahrens nur dann ein Ordnungsgeld wegen Zeigens des sogenannten "Stinkefingers" verhängen, wenn der Antragsteller die in Frage stehende Beleidigung zur Überzeugung des Gerichts nachweisen kann. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und änderte damit den erstin­sta­nz­lichen Beschluss des Amtsgerichts Detmold ab.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die beiden Verfah­rens­be­tei­ligten, zwei erwachsene Männer, wohnen in etwa gegen­über­lie­genden Häusern in einer Straße in Detmold. Nach einer anfänglichen Bekanntschaft entstand zwischen ihnen ein nachbar­schaft­licher Konflikt. In einem im Jahre 2011 geführten Gewalt­schutz­ver­fahren verpflichtete sich der Antragsgegner im Rahmen eines Vergleichs, eine Kontaktaufnahme zum Antragsteller zu unterlassen. In der Folgezeit behauptete der Antragsteller wiederholt, dass der Antragsgegner der Verpflichtung zuwiderhandle. Wenn er, der Antragsteller, sein Haus verlasse, müsse er Beleidigungen des Antragsgegners ertragen, der ihm u.a. durch sein geöffnetes Fenster die Faust mit dem nach oben gestreckten Mittelfinger, den sogenannten "Stinkefinger", zeige.

Antragsgegner beteuert zur Last gelegte Verstöße nicht begangen zu haben

Ein deswegen auf Antrag des Antragstellers vom Familiengericht in Detmold Ende 2011 verhängtes Ordnungsgeld von 100 Euro nahm der Antragsgegner hin. Ein zweiter Ordnungs­geldantrag hatte mangels hinreichend genau bezeichneter Verstöße keinen Erfolg. Auf einen dritten Antrag, den der Antragsteller mit Mitte 2013 begangenen Zuwider­hand­lungen begründete, verhängte das Familiengericht in Detmold mit Beschluss vom 11. Oktober 2013 ein Ordnungsgeld von 500 Euro. Diesen Beschluss hat der Antragsgegner mit der Beschwerde angefochten und geltend gemacht, die ihm zur Last gelegten Verstöße nicht begangen zu haben.

OLG hebt Ordnungs­geld­be­schluss nach der persönlichen Anhörung der Beteiligten auf

Die Beschwerde hatte Erfolg. Das Oberlan­des­gericht Hamm hat den Ordnungs­geld­be­schluss nach der persönlichen Anhörung der Beteiligten aufgehoben. Die in Frage stehenden Beleidigungen habe der Antragsteller nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen können. Sie seien nach der Anhörung der Beteiligten zwar überwiegend wahrscheinlich. Das genüge aber nicht, um im Vollstre­ckungs­ver­fahren ein Ordnungsgeld zu verhängen. Neutrale Beweismittel seien nicht vorhanden. Aus der persönlichen Anhörung der Beteiligten ergäben sich konträre Schilderungen. Es möge zwar eher unwahr­scheinlich sein, dass der Antragsteller Handbewegungen des Antragsgegners beim Zigaret­ten­rauchen als "Stinkefinger" missverstanden habe. Mit der für das Verhängen eines Ordnungsgeldes notwendigen vollen Überzeugung des Gerichts könne es aber auch nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gelte für die Möglichkeit, dass die Vorwürfe des Antragstellers bewusst unwahr seien, um dem missliebigen Nachbarn zu schaden. Dass zu einem derartigen Zweck eigens die Gerichte bemüht würden, sei ein in der Gerichtspraxis nicht gänzlich unbekanntes Phänomen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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