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Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss07.08.2012
Zeigen des Stinkefingers gegenüber Vorgesetzten rechtfertigt eine fristlose KündigungMitgliedschaft im Personalrat und lange Betriebszugehörigkeit unbeachtlich
Zeigt eine Beschäftigte ihrer Vorgesetzten den Stinkefinger, so stellt dies einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung dar. Die Mitgliedschaft im Personalrat und eine lange Betriebszugehörigkeit stehen der Kündigung nicht entgegen. Dies geht aus einer Entscheidung des Veraltungsgerichts Ansbach hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall war eine 54-jährige Frau bei einer Pflegeeinrichtung beschäftigt und Mitglied des Personalrats. Im März 2012 zeigte sie ihrer Vorgesetzten, als sie sich erkundigen wollte, ob die Arbeitnehmerin Hilfe bräuchte, den Stinkefinger. Daraufhin beabsichtigte der Arbeitgeber die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses und bat dem Personalrat um Zustimmung. Eine vorherige Abmahnung erfolgte nicht, da die Arbeitnehmerin bereits wegen ähnlicher Vorfälle viermal abgemahnt worden war. Da sich der Personalrat weigerte die Zustimmung zu erteilen, erhob der Arbeitgeber Klage.
Personalrat musste Zustimmung erteilen
Das Verwaltungsgericht Ansbach entschied zu Gunsten des Arbeitgebers. Der Personalrat sei dazu verpflichtet gewesen die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zu erteilen, da sie wirksam gewesen sei.
Arbeitnehmerin genoss besonderen Kündigungsschutz
Die Arbeitnehmerin habe wegen ihrer Mitgliedschaft im Personalrat den Kündigungsschutz des § 15 Abs. 2 Satz 1 KSchG genossen, so das Verwaltungsgericht weiter. Ihr konnte deshalb nur gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorgelegen habe (§ 626 Abs. 1 BGB). Eine solche Kündigung sei nur zulässig, wenn alle anderen möglichen und angemessenen Mittel erschöpft seien und die Kündigung die unausweichlich letzte Maßnahme für den Kündigungsberechtigten sei. Ein verhaltensbedingter in Person des Arbeitnehmers liegender Kündigungsgrund liege nur bei schuldhaftem, vorwerfbarem Verhalten vor. Dies habe im Zeigen des Stinkefingers vorgelegen.
Zeigen eines Stinkefingers stellte Beleidigung dar
Das Zeigen eines Stinkefingers stelle nach Ansicht des Verwaltungsgerichts eine Beleidigung dar (vgl. ArbG Frankfurt, Urt. v. 04.06.2003 - 6 Ca 11145/02). Grobe Beleidigungen stellen einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten dar, wenn sie eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten. Sie rechtfertigen dann eine fristlose Kündigung (vgl. BAG, Urt. v. 10.10.2002 - 2 AZR 418/01 und LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 21.10.2009 - 3 Sa 224/09).
Wichtiger Grund zur Kündigung lag vor
Das Arbeitsgericht führte weiter aus, dass in dem Verhalten der Beschäftigten ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung zu sehen gewesen sei. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei für den Arbeitgeber nicht mehr zumutbar gewesen. Denn das Vertrauensverhältnis sei unwiderruflich zerstört worden. Zudem brauche ein Arbeitgeber ein derartiges Verhalten im Interesse des Betriebsfriedens nicht zu dulden.
Soziale Auslauffrist war zu beachten
Aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit habe der Arbeitgeber nach Auffassung des Verwaltungsgerichts das Beschäftigungsverhältnis nur mit einer sozialen Auslauffrist kündigen dürfen. Diese Frist entspreche der Frist für eine ordentliche Kündigung.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.01.2013
Quelle: Verwaltungsgericht Ansbach, ra-online (vt/rb)
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