18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Hamm Urteil08.02.2017

Kfz-Fachwerkstatt muss sich über Ruckrufaktionen für Fahrzeuge informierenAuch bei "Grauimporten" ist Fachwerkstatt für Schaden nach unterlassenen Repara­tu­r­a­r­beiten zum Schadensersatz verpflichtet

Eine Kfz-Fachwerkstatt muss Rückrufaktionen eines Herstellers der von ihr betreuten Kfz-Modelle kennen und den Kunden bei beauftragten Inspek­ti­o­ns­a­r­beiten auf eine für die Verkehrs­si­cherheit seines Fahrzeugs bedeutsame Rückrufaktion und die insoweit gebotenen Reparaturen hinweisen. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit die erstin­sta­nzliche Entscheidung des Landgerichts Bochum.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens, ein Unternehmen aus Bochum, ist Eigentümerin eines im Oktober 2010 erworbenen Kfz Dodge Ram Truck 1500. Für das in den USA hergestellte und im Wege eines sogenannten "Grauimports" eingeführte Fahrzeug existieren in Deutschland kein autorisiertes Händlernetz und keine Niederlassungen der Herstellerin. Die Beklagte betreibt eine Kfz-Fachwerkstatt und wirbt für sich als autorisierte Service-Fachwerkstatt für Kraftfahrzeuge der Marke Dodge.

Schaden am Fahrzeug wäre bei Durchführung empfohlener Instand­set­zungs­a­r­beiten nicht entstanden

Reparatur- und Wartungs­a­r­beiten an ihrem Fahrzeug ließ die Klägerin bei der Beklagten vornehmen. Ab Februar 2013 fand eine Rückrufaktion des Herstellers Chrysler Dodge statt, die auch die Baureihe des klägerischen Fahrzeugs betraf. Instand zu setzen war eine nicht ausreichend gesicherte Mutter im Getrieberad der Hinterachse. Die Klägerin selbst erhielt hierüber keine Mitteilung des Herstellers. Bei im Oktober 2013 von der Beklagten am Fahrzeug der Klägerin durchgeführten Inspek­ti­o­ns­a­r­beiten setzte die Beklagte die von der Herstellerin mit der Rückrufaktion angewiesenen Instand­set­zungs­a­r­beiten nicht um. Im April 2014 erlitt das Fahrzeug der Klägerin erhebliche Beschädigungen, weil die Hinterachse während der Fahrt blockierte. Der Schaden wäre bei der Durchführung der empfohlenen Instand­set­zungs­a­r­beiten nicht entstanden.

Kfz-Werkstatt weist Überprü­fungs­pflichten von sich

Den erlittenen Fahrzeugschaden in Höhe von ca. 6.800 Euro verlangte die Klägerin von der Beklagten ersetzt und war der Auffassung, dass sich die Beklagte über die Rückrufaktion der Herstellerin hätte informieren und sie, die Klägerin, über diese unterrichten müssen. Die Beklagte hat vertrag dagegen die Meinung, dass sich die Klägerin selbst habe informieren müssen, als Kfz-Werkstatt träfen sie insoweit keine Überprü­fungs­pflichten.

Fachwerkstatt muss sich unter Ausnutzen zumutbarer Infor­ma­ti­o­ns­quellen über verkehrs­si­cher­heits­re­levante Rückrufaktionen informieren

Das Schaden­s­er­satz­be­gehren der Klägerin war erfolgreich. Das Oberlan­des­gericht Hamm verwies darauf, dass die Beklagte mit der Inspektion des klägerischen Fahrzeugs beauftragt gewesen sei. Sie habe es deswegen für die nächste Zeit gebrauchs- und fahrbereit machen müssen. Aufgrund dieses Auftrages habe sich die Klägerin über die Rückrufaktion und insoweit gebotenen Reparaturen informieren müssen. Als Fachwerkstatt habe sie sich unter Ausnutzen zumutbarer Infor­ma­ti­o­ns­quellen, wie etwa der Internetseite des Herstellers, über verkehrs­si­cher­heits­re­levante Rückrufaktionen informieren müssen. Ihr Kunde, so auch die Klägerin, habe in berechtigter Weise annehmen können, dass die Beklagte über alle notwendigen Kenntnisse für die Verkehrs- und Betrie­bs­si­cherheit der Dodge-Fahrzeuge verfüge bzw. sich diese vor dem Durchführen von Inspek­ti­o­ns­a­r­beiten verschaffe.

"Grauimport" ändert nichts an Infor­ma­ti­o­ns­pflichten

Dass das Fahrzeug der Klägerin - dies sei der Beklagten bekannt gewesen - ein sogenannte "Grauimport" gewesen sei, ändere nichts an ihren Infor­ma­ti­o­ns­pflichten. Die Beklagte bewerbe ihr Unternehmen als autorisierte Service-Fachwerkstatt für Fahrzeuge der Marke Dodge, ohne dies auf in Deutschland vertriebene oder offiziell importierte Fahrzeuge zu beschränken. "Grau" importierte Fahrzeuge benötigten auch keine weniger effektive Fehlerkontrolle als reguläre Fahrzeuge, bei "Grauimporten" informiere der Hersteller den Halter zudem nicht über Rückrufaktionen. Auch deswegen habe sich im vorliegenden Fall die Beklagte als Fachwerkstatt informieren müssen.

Aufgrund des unterlassenen Hinweises auf die Rückrufaktion und die gebotenen Reparaturen sei der Klägerin der geltend gemachte Schaden entstanden, den die Beklagte zu ersetzen habe.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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