15.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil02.09.2016

Lehrerin hat nach abgelehnter Verbeamtung trotz verfas­sungs­widriger Altersgrenze keinen Anspruch auf SchadensersatzVoraussetzungen für Haftung des Landes trotz objektiver Amtspflicht­verletzung nicht gegeben

Einer Lehrerin, die vom Land Nordrhein-Westfalen in Anwendung einer verfas­sungs­widrigen Altersgrenze zu Unrecht nicht verbeamtet wurde, kann Schadensersatz zu versagen sein, weil - trotz objektiver Amtspflicht­verletzung - die Voraussetzungen für eine Haftung des Landes Nordrhein-Westfalen nicht erfüllt sind. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die im Jahre 1950 geborene Klägerin aus Paderborn arbeitete bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand Anfang des Jahres 2016 als tarif­an­ge­stellte Lehrerin im Schuldienst des beklagten Landes Nordrhein-Westfalen. Ihren Antrag, sie zum 1. Juni 2009 in das Beamten­ver­hältnis zu übernehmen, lehnte das beklagte Land mit der Begründung ab, dass die Klägerin das in der nordrhein-westfälischen Laufbahn­ver­ordnung bestimmte Höchstalter von 35 Jahren für die Verbeamtung überschritten habe. Diese Entscheidung bestätigten im Jahre 2011 das von der Klägerin angerufene Verwal­tungs­gericht Minden und - in 2. Instanz - im Jahre 2012 das Oberver­wal­tungs­gericht Nordrhein-Westfalen.

Schaden­s­er­satz­for­de­rungen bleiben erfolglos

Ausgehend hiervon blieb auch der von der Klägerin gegen das Land angestrengte zivilrechtliche Schaden­s­er­satz­prozess erfolglos. Mit diesem wollte die Klägerin in finanzieller Hinsicht so gestellt werden, als sei sie antragsgemäß verbeamtet worden. Dabei machte sie insbesondere einen ihr in 80 Monaten entgangenen höheren Beamten­ver­dienst geltend, den sie - nunmehr - mit einem Mittelwert von ca. 2.000 Euro monatlich berechnet. In erster Instanz wies das Landgericht Paderborn ihre Schaden­s­er­satzklage ab. Gegen das ihre Berufung zurückweisende Urteil des Oberlan­des­ge­richts Hamm vom 30. April 2014 ließ der Bundes­ge­richtshof die Revision nicht zu.

Verfas­sungs­be­schwerde gegen OLG-Urteil erfolgreich

Im Jahre 2015 hatte die von der Klägerin gegen das Urteil des Oberver­wal­tungs­ge­richts in Münster erhobene Verfas­sungs­be­schwerde Erfolg. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht stellte fest, dass es an einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage für die in der Laubahn­ver­ordnung, einer Rechts­ver­ordnung, festgelegten Altersgrenze fehle und hob die verwal­tungs­ge­richt­lichen Entscheidungen auf.

Aufgrund der bundes­ver­fas­sungs­ge­richt­lichen Entscheidung hat die Klägerin das ihre Schaden­s­er­satzklage abweisende Berufungsurteil des Oberlan­des­ge­richts Hamm vom 30. April 2014 erfolgreich mit einer Resti­tu­ti­o­nsklage angefochten und das Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über ihre Berufung veranlasst.

OLG verneint erneut Schaden­s­er­satz­an­spruch

Mit seiner Entscheidung vom 2. September 2016 wies das Oberlan­des­ge­richts Hamm die Berufung der Klägerin nun erneut zurück. Der geltend gemachte Schaden­s­er­satz­an­spruch stehe der Klägerin laut Gericht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Für Amtshaftung fehlt es an notwendigem Verschulden der seinerzeit entscheidenden Amtsträger

Als Amtshaf­tungs­an­spruch sei er nicht gerechtfertigt. Zwar sei die Übernahme der Klägerin in das Beamten­ver­hältnis objektiv amtspflicht­widrig abgelehnt worden. Die Höchst­al­ters­grenze der nordrhein-westfälischen Laufbahn­ver­ordnung, mit deren Überschreitung ihre Ablehnung in das Beamten­ver­hältnis begründet worden sei, sei mangels hinreichend bestimmter gesetzlicher Ermäch­ti­gungs­grundlage mit dem Grundgesetz nicht vereinbar gewesen. Jedoch fehle es an dem für eine Amtshaftung notwendigen Verschulden der seinerzeit entscheidenden Amtsträger. Bis zum Beschluss des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts im Jahre 2015 habe es keine Hinweise auf die Verfas­sungs­wid­rigkeit der Bestimmung der Laufbahn­ver­ordnung gegeben. So habe auch das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Urteilen aus den Jahren 2009 und 2012 noch eine im nordrhein-westfälischen Landes­be­am­ten­gesetz enthaltene Bestimmung als ausreichende gesetzliche Grundlage für die Regelung der Altersgrenze in der Laufbahn­ver­ordnung angesehen. Ausgehend hiervon sei den zuständigen Amtsträgern kein Verschulden vorzuwerfen. Sie hätten die Richtigkeit der Beurteilung durch das Bundes­ver­wal­tungs­gericht nicht in Zweifel ziehen müssen.

Auf das Alter gestützte Ablehnung der Verbeamtung verstößt nicht gegen materielles Unionsrecht

Die Voraussetzungen einer unions­recht­lichen Staatshaftung seien im Fall der Klägerin ebenfalls nicht erfüllt. Die auf das Alter der Klägerin gestützte Ablehnung ihrer Verbeamtung verstoße nicht gegen materielles Unionsrecht, insbesondere nicht gegen die europäische Richtlinie zur Verwirklichung der Gleich­be­handlung in Beschäftigung und Beruf. Diese verbiete nicht jede Differenzierung von Bewerbern aufgrund ihres Alters. Der Landes­ge­setzgeber könne im Rahmen des in Deutschland zur Umsetzung der Richtlinie geschaffenen Allgemeinen Gleich­be­hand­lungs­ge­setzes vielmehr eine Altersgrenze einführen, um zu gewährleisten, dass die Dienstzeit der Beamten in einem angemessenen Verhältnis zum späteren Anspruch auf Versorgung während des Ruhestandes stehe. Das habe der nordrhein-westfälische Landes­ge­setzgeber mit der in Frage stehenden Regelung seiner Laufbahn­ver­ordnung umgesetzt. Aus dem Fehlen einer innerstaatlich formal wirksamen, weil im Gesetz nicht hinreichend bestimmten Regelung für eine Einstel­lungs­höch­st­al­ters­grenze ergebe sich kein hinreichend qualifizierter Rechtsverstoß, der einen unions­recht­lichen Staats­haf­tungs­an­spruch begründen könne.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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