23.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil12.07.2016

Formunwirksames Testament muss keine unechte Urkunde seinFalsche eidesstattliche Versicherung stellt keinen gesetzlichen Erb­unwürdigkeits­grund dar

Ein handschriftlich abgesetztes Testament, welches die Erblasserin im Text nicht selbst geschrieben, aber selbst unterschrieben hat, ist ein im zivil­recht­lichen Sinne formunwirksames Testament, aber keine im straf­recht­lichen Sinne unechte Urkunde. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit im Ergebnis das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Dortmund.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die im Jahre 1927 geborene und im Jahre 2013 im Alter von 85 Jahren verstorbene Erblasserin aus Dortmund hinterließ drei Kinder. Zu diesem gehörte der heute 50-jährige Beklagte aus Dortmund, den sie mit notariellem Testament aus dem Jahre 2007 zu ihrem alleinigen Erben bestimmte. In dem Testament ordnete sie zugleich an, dass ihre Tochter, die heute 63-jährige Klägerin aus Dortmund, den Pflichtteil erhalten sollte. Im Jahre 2009 unterzeichnete die Erblasserin ein handschriftlich nicht von ihr verfasstes Schriftstück, in dem sie einen wesentlichen Teil ihres Vermögens nicht mehr dem Beklagten, sondern ihrer Enkelin, der Tochter der Klägerin, zuwandte. Nach dem Tode der Erblasserin stritten die Beteiligten über die Erbfolge und insbesondere darüber, ob die Erblasserin mit dem Schriftstück aus dem Jahre 2009 entge­gen­stehende Regelungen des im Jahre 2007 errichteten Testaments widerrufen habe. Dabei versicherte die Klägerin an Eides statt, ihre Mutter - die Erblasserin - habe das Schriftstück aus dem Jahre 2009 in ihrer Gegenwart selbst geschrieben und unterschrieben. Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin vom Beklagten, den sie nunmehr als Alleinerben ihrer verstorbenen Mutter anerkennt, den Pflichtteil in Höhe von ca. 5.000 Euro, dessen Zahlung der Beklagte verweigert, weil er die Klägerin für erbunwürdig erachtet.

Nicht selbst­ge­schriebenes, aber selbst­un­ter­schriebenes Testament zwar formunwirksam, aber keine unechte Urkunde

Das Oberlan­des­ge­richts Hamm sprach der Klägerin den begehrten Pflichtteil zu. Von einer Erb- und Pflicht­teil­sun­wür­digkeit der Klägerin sei nicht auszugehen, so das Gericht. Die Klägerin sei nicht deswegen erbunwürdig, weil sie an der Herstellung oder dem Gebrauch einer im straf­recht­lichen Sinne unechten Urkunde beteiligt gewesen sei. Das im Jahre 2009 von der Erblasserin unterzeichnete Schriftstück sei zwar ein formunwirksames Testament, weil die Erblasserin den Text der Urkunde nicht selbst geschrieben habe. Es sei aber keine im straf­recht­lichen Sinne unechte Urkunde, weil die Erblasserin die Erklärung selbst unterzeichnet habe und von einem fehlenden Bewusstsein der Erblasserin, dass sie überhaupt irgendeine Erklärung abgebe, nicht auszugehen sei. Damit habe sich die Erblasserin die in dem Schriftstück enthaltene Erklärung zu eigen gemacht und diese als eigene gelten lassen. Das schließe den Tatbestand einer Urkun­den­fäl­schung im Sinne von § 267 Strafgesetzbuch aus, dessen Erfüllung durch die Klägerin nach den zivil­recht­lichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu ihrer Erbunwürdigkeit führen würde.

Gericht muss nicht über strafrechtliche Verant­wort­lichkeit der Klägerin befinden

Ein weiterer, im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelter Grund, nach welchem die Klägerin erbunwürdig sein könne, liege nicht vor. So brauche im vorliegenden Verfahren nicht beurteilt zu werden, ob die Klägerin eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben oder sich an einem versuchten Betrug ihrer Tochter zum Nachteil des Beklagten beteiligt habe, weil diese Umstände keinen gesetzlichen Erbun­wür­dig­keitsgrund darstellten und das Gericht über eine strafrechtliche Verant­wort­lichkeit der Klägerin nicht zu befinden habe.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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