21.11.2024
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Dokument-Nr. 33149

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Oberlandesgericht Hamm Urteil27.10.2022

Rechtskräftig verurteilter Mörder ist erbunwürdigMörder scheitert mit Einwand gegen Erbunwürdigkeit

Der 10. Zivilsenat des Oberlan­des­ge­richts Hamm hat die Berufung eines straf­ge­richtlich rechtskräftig verurteilten Mörders in einem Verfahren wegen Erbunwürdigkeit zurückgewiesen. Dieser wollte die straf­ge­richt­lichen Feststellungen zu seiner Täterschaft im erbrechtlichen Verfahren nicht gegen sich gelten lassen.

Der Beklagte wurde im Mai 2017 wegen heimtückischen Mordes an seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau vom Landgericht – Schwurgericht – Bielefeld zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Urteil ist seit Februar 2018 rechtskräftig. Die Revision des Beklagten wurde durch den Bundes­ge­richtshof als unbegründet verworfen. Zwei Wieder­auf­nah­meanträge des Beklagten blieben über beide Instanzen erfolglos. Nach dem rechtskräftigen Strafurteil hat der Beklagte sich am Morgen des 15. September 2016 vor dem Haus seiner Ehefrau in Bielefeld versteckt. Er war mit einer Sturmhaube maskiert und führte eine Schrotflinte bei sich. Als die Ehefrau das Grundstück in ihrem Fahrzeug verließ, trat der Beklagte aus seinem Versteck hervor und gab einen Schuss auf den Wagen ab. Hierdurch verlor die Ehefrau die Kontrolle über das Fahrzeug. Als dieses zum Stillstand kam, trat der Beklagte an die Fahrertür heran. Mit zwei weiteren Schüssen zerstörte er die Scheibe und tötete seine Ehefrau. Das Schwurgericht hat sich in einer Gesamtwürdigung aller Indizien von der Täterschaft des Beklagten überzeugt, der ein nachvoll­ziehbares Tatmotiv hatte und mit den Örtlichkeiten und Gewohnheiten seiner Ehefrau vertraut war, um eine günstige Tatgelegenheit abzupassen. Er hatte als Jäger Zugang zu Waffen und war mit deren Umgang vertraut. Als wichtigste Indizien hat das Schwurgericht die DNA-Spuren des Beklagten an den am Tatort gefundenen zwei Patronenhülsen, der Sturmhaube und einem Langwaffen-Futteral angesehen.

Im Wege der Anfechtung der Erbberechtigung kann die Erbunwürdigkeit festgestellt werden

Kraft gesetzlicher Erbfolge erbte der Beklagte neben den beiden mit der Getöteten gemeinsamen Kindern. Nach Abschluss des Strafverfahrens erhoben die Kinder eine Anfech­tungsklage, mit der sie sich gegen die Erbberechtigung ihres Vaters wandten. Gestützt auf die straf­ge­richt­lichen Feststellungen gab das Landgericht Bielefeld dieser Klage wegen Erbunwürdigkeit statt. Die hiergegen vom Beklagten eingelegte Berufung zum Oberlan­des­gericht Hamm blieb ohne Erfolg. Erbunwürdig ist unter anderem, wer den Erblasser oder die Erblasserin vorsätzlich und widerrechtlich tötet. Das Ausscheiden als Erbe wegen Erbunwürdigkeit tritt jedoch nicht automatisch ein. Vielmehr muss dies auf eine Anfech­tungsklage desjenigen, der von der veränderten Erbfolge profitiert, in einem zivil­ge­richt­lichen Verfahren festgestellt werden. Das Zivilgericht ist dabei an rechtskräftige Feststellungen eines Strafurteils nicht gebunden, sondern muss sich in freier Würdigung der Beweise selbst von der wider­recht­lichen Tötung überzeugen. Das rechtskräftige Strafurteil kann allerdings als Beweisurkunde verwendet werden. Seine Feststellungen haben besonderes Gewicht bei der Beweiswürdigung.

Zivilgericht ist nicht an rechtskräftige Feststellungen eines Strafurteils gebunden

In der Regel wird den straf­ge­richt­lichen Feststellungen zu folgen sein, sofern nicht gewichtige Gründe für deren Unrichtigkeit sprechen. Wer sich, wie hier der Beklagte, auf einen vom Strafurteil abweichenden Sachverhalt beruft, muss gewichtige Gründe darlegen, die gegen dessen Richtigkeit sprechen. Die vom Beklagten vorgebrachten Umstände waren zur Überzeugung des Senats unerheblich, so dass eine weitere Beweisaufnahme nicht erforderlich war. Soweit er mit näheren Ausführungen erstmals im zivil­recht­lichen Berufungs­ver­fahren den Lebensgefährten seiner getöteten Ehefrau als vermeintlichen Täter ins Spiel brachte, konnte er nicht darlegen, warum er dies nicht bereits viel früher, spätestens in der ersten Instanz des Zivilverfahrens vorgebracht hatte. Seine Behauptung, dass ein Dritter – insbesondere jener Lebensgefährte – die Patronenhülsen, Sturmhaube und das Langwaffen-Futteral gezielt am Tatort platziert habe, um ihn zu belasten, ist rein spekulativ. Bereits das Schwurgericht hat das absichtliche Legen falscher Spuren durch eine dritte Person mit näherer Begründung ausgeschlossen. Hiergegen spricht neben den Schwierigkeiten der Beschaffung des Spurenmaterials vor allem auch der zeitliche Ablauf nach der Tat, da die Mutter der Getöteten unmittelbar nach den Schüssen zum Tatort eilte. Seine nunmehr vorgebrachten Einwände gegen die Bewertung der DNA-Spuren stellen die straf­ge­richtliche Würdigung dieser Spuren nicht in Frage. Der Beklagte hat gegen das Urteil des Senats Nicht­zu­las­sungs­be­schwerde zum Bundes­ge­richtshof erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (pm/ab)

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