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Oberlandesgericht Hamm Urteil21.10.2014
Freiheitsstrafe bei Diebstahl mit Bagatellschaden bei erheblich vorbestraftem Täter zulässigHaftstrafe für Wiederholungstäter nach Diebstahl einer Flasche Wodka für 4,99 Euro gerechtfertigt
Die Verhängung einer kurzzeitigen Freiheitsstrafe von einem Monat und einer Woche kann bei einem Diebstahl mit nur bagatellhaftem Schaden bei einem erheblich vorbestraften Täter schuldangemessen sein. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im August 2013 entwendete der heute 46 Jahre alte Angeklagte aus Kreuztal in einem Lebensmittelmarkt in Siegen eine Flasche Wodka zum Preis von 4,99 Euro. Er ist alkoholkrank, wegen Diebstahls in erheblichem Umfang vorbestraft und hat bereits Hafterfahrung. Die entwendete Ware gelangte an den Lebensmittelmarkt zurück.
Landgericht spricht in zweiter Instanz eine Freiheitsstrafe von drei Monaten aus
Im sich anschließenden Strafverfahren hat der Angeklagte den Diebstahl gestanden. Für diese Tat verhängte das Amtsgericht Siegen gegen den Angeklagten in erster Instanz eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 10 Euro. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft sprach die kleine Strafkammer des Landgerichts Siegen in zweiter Instanz eine Freiheitsstrafe von drei Monaten aus, ohne die Vollstreckung zur Bewährung auszusetzen. Aufgrund der starken Alkoholisierung des Angeklagten ging sie von seiner erheblich verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) aus.
Tat wurde aufgrund des erheblich alkoholisierten Zustands in vermindert schuldfähigem Zustand begangen
Die gegen das Berufungsurteil vom Angeklagten eingelegte Revision hatte insoweit Erfolg, als der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm die Dauer der ohne Strafaussetzung zur Bewährung zu vollstreckende Freiheitsstrafe auf einen Monat und eine Woche reduziert hat. Auch zur Ahndung von Bagatellstraftaten könnten - so die Entscheidung des 1. Strafsenats - kurzzeitige Freiheitsstrafen verhängt werden. Im vorliegenden Fall sei eine solche Bestrafung naheliegend angesichts der zahlreichen, überwiegend einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten und angesichts des Umstandes, dass er sich weder durch zuvor verhängte Geldstrafen noch durch Bewährungsstrafen und die Vollstreckung kurzzeitiger Freiheitsstrafen von der Begehung der neuerlichen Tat habe halten lassen. Es verstoße auch nicht gegen das Gebot schuldangemessenen Strafens, wenn im Hinblick auf Vorstrafen bei geringen Schadenssummen vollstreckbare Freiheitsstrafen verhängt würden. Im vorliegenden Einzelfall sei allerdings die vom Berufungsgericht verhängte dreimonatige Freiheitsstrafe zu reduzieren, weil das Berufungsgericht den zulasten des Angeklagten sprechenden Umständen seiner Vorstrafen, seine Hafterfahrung und seiner Rückfallfrequenz ein nicht mehr angemessenes Übergewicht eingeräumt habe. Zu berücksichtigen seien auch gewichtige strafmildernde Umstände. So habe der Angeklagte die Tat gestanden. Der Schaden liege im untersten Bereich der Geringwertigkeit. Die entwendete Sache habe der Geschädigte zurückerlangt. Zudem sei der Angeklagte alkoholkrank und habe die Tat im erheblich alkoholisierten, seine Schuldfähigkeit vermindernden Zustand begangen.
Vielfach vorbestraftet Angeklagte ist mit höherer Freiheitsstrafe zu belegen als Ersttäter
Ausgehend von den für die Strafzumessung feststehenden Umständen könne das Oberlandesgericht in der Sache selbst entscheiden, weil davon auszugehen sei, dass das Berufungsgericht gegen den Angeklagten bei rechtsfehlerfreier Strafzumessung jedenfalls eine Freiheitsstrafe von einem Monat und einer Woche verhängt hätte. Die Dauer dieser Freiheitsstrafe liege über dem gesetzlichen Mindestmaß einer Freiheitsstrafe, das einen Monat betrage. Das trage dem Umstand Rechnung, dass der vielfach vorbestrafte Angeklagte, der schon fünfmal eine Freiheitsstrafe verbüßt habe, mit einer höheren Freiheitsstrafe zu belegen sei als derjenige, der wegen einer Tat mit objektiv geringfügigem Schaden erstmals zu einer Freiheitsstrafe in Höhe des gesetzlichen Mindestmaßes verurteilt werde.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.12.2014
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online
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