21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamburg Urteil04.12.1980

Betreten eines Bahnsteigs ohne gültigen Fahrausweis nicht strafbar nach § 265 a StGB (Erschleichen von Leistungen)Bahnsteig keine Einrichtung im Sinne des § 265 a StGB

Wer einen Bahnsteig ohne gültigen Fahrausweis betritt, macht sich nicht wegen Erschleichens von Leistungen gemäß § 265 a StGB strafbar. Denn ein Bahnsteig ist keine Einrichtung im Sinne der Vorschrift. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamburg hervor.

In dem zu Grunde liegenden Fall hat sich ein Mann trotz Hausverbots für sämtliche U-Bahnhöfe in Hamburg auf den Bahnsteigen der U-Bahnhöfe Hauptbahnhof-Süd und Stephanplatz aufgehalten. Er besaß keinen gültigen Fahrausweis, obwohl der Zutritt zu den Bahnanlagen nach den Beför­de­rungs­be­din­gungen des Verkehrs­un­ter­nehmens nur mit einer Fahrkarte gestattet war. Das Amtsgericht verurteilte ihn deshalb wegen Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) und anderer Delikte zu einer Freiheitstrafe von neun Monaten auf Bewährung. Nach Ansicht der Staats­an­walt­schaft habe der Angeklagte jedoch nicht nur einen Hausfrie­densbruch begangen, sondern sich zugleich wegen Erschleichens von Leistungen gemäß § 265 a StGB strafbar gemacht. Sie legte daher Revision ein.

Keine Strafbarkeit wegen Erschleichens von Leistungen

Aus Sicht des Oberlan­des­ge­richts Hamburg habe sich der Angeklagte nicht wegen Erschleichens von Leistungen strafbar gemacht. Denn ein dem Zugverkehr dienender Bahnsteig oder vergleichbare Bahnanlage sei keine Einrichtung im Sinne des § 265 a StGB. Der Begriff der "Einrichtung" setzte voraus, dass mit der Gewährung des Zutritts eine vermögenswerte Leistung angeboten werde, die auch dem Zweck der Einrichtung entspreche. Dies sei zum Beispiel bei Museen, Bibliotheken, Schwimmbädern oder Zoos der Fall, nicht aber bei Bahnsteigen oder vergleichbaren Bahnanlagen. Zwar bestehe die Möglichkeit, dem Zugbetrieb zuzusehen, Reisende bei der Ankunft zu empfangen oder sie zu verabschieden sowie an Kiosken einzukaufen. Diese Gelegenheiten ergeben sich jedoch nur beiläufig. Sie erfüllen nicht den Zweck eines Bahnsteigs - nämlich die Teilnahme am Zugverkehr - und seien daher im Sinne des § 265 a StGB nicht als vermögenswerte Leistung anzusehen, die mit der Gewährung des Zutritts angeboten werden.

Verstoß gegen Beför­de­rungs­be­dingung begründet keine Strafbarkeit

Das Gericht führte schließlich aus, dass die zivilrechtliche Befugnis des Verkehrs­un­ter­nehmens für den Zutritt zum Bahnsteig ein Entgelt zu fordern, dabei unberührt bleibe. Ein Verstoß gegen diese Entgeltpflicht werde durch die Erhebung eines erhöhten Beför­de­rungs­ent­geltes sanktioniert. Einer straf­recht­lichen Sanktionierung bedürfe es aber nicht.

Quelle: Oberlandesgericht Hamburg, ra-online (zt/NJW 1981, 1281/rb)

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