21.11.2024
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss20.07.2010

Ohne Ticket in Bus oder Bahn ist nicht unbedingt SchwarzfahrenOLG Frankfurt zu den Voraussetzungen der Strafbarkeit des Schwarzfahrens nach § 265 a StGB

Wer ohne Fahrkarte in Bus oder Bahn steigt, ist noch nicht automatisch ein "Schwarzfahrer" und gemäß § 265 a StGB (Beför­de­rungs­er­schleichung) strafbar. Dies hat das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main entschieden.

Im zugrunde liegende Fall hatte das Amtsgericht Frankfurt am Main einen Mann wegen Beförderungserschleichung in vier Fällen zu einer Gesamt­geldstrafe von 65 Tagessätzen zu je 5,- Euro verurteilt. Das Landgericht Frankfurt am Main bestätigte in der Berufungs­instanz dieses Urteil.

Viermal "schwarz gefahren"

Der Mann wurde 2006 viermal in unter­schied­lichen Straßenbahnen ohne gültigen Fahrausweis angetroffen. In dem Urteil des Landgerichts hieß es:

"Der Angeklagte benutzte ...

am 7.3.2006 gegen 10.22 Uhr die Straßenbahn der Linie 11,

am 30.3.2006 gegen 9.49 Uhr die Straßenbahn der Linie 11,

am 4.11.2006 gegen 8.18 Uhr die Straßenbahn der Linie 11 und

am 15.11.2006 gegen 6.24 Uhr die U-Bahn der Linie U7.

Der Angeklagte wurde jeweils kontrolliert. Er konnte keinen gültigen Fahrausweis vorzeigen, da er den Fahrpreis nicht entrichtet hat."

OLG hebt Urteil auf

Der Mann legte gegen die Entscheidung des Landgerichts Berufung beim Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main ein. Dieses hob das Urteil auf und verwies es zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurück. Das OLG führte aus, dass die Feststellungen des Landgerichts unvollständig bzw. lückenhaft seien.

§ 265 a StGB ist ein Erfolgsdelikt

Der Tatbestand des § 265 a StGB sei ein Erfolgsdelikt, führte das OLG aus. Die Vollendung setze ein Vermö­gens­schaden voraus, der in dem Entgehen des Entgelts liege und regelmäßig mit der Verwirklichung des "Erschleichens" gegeben sei.

Vollendung der Tat mit Beginn der Beför­de­rungs­leistung

Vollendet sei die Tat mit dem Beginn der Beför­de­rungs­leistung. Auszuscheiden seien aber Fälle, in denen nach der Verkehr­s­auf­fassung eine "Beförderung" noch gar nicht vorliege (z. B. Abbruch der Fahrt oder Entdeckung des Täters nach wenigen Metern), in denen auch ein nicht erschleichender Fahrgast eine entgelts­pflichtige Leistung nicht erlangt hätte.

Hatte die Beför­de­rungs­leistung schon begonnen?

Die Feststellungen im angefochtenen Urteil ließen keine Beurteilung zu, ob mit der Beför­de­rungs­leistung bereits begonnen und die Tat damit bereits vollendet worden sei, führte das OLG aus. Die Feststellungen erschöpften sich in der Mitteilung, dass der Angeklagte die Straßenbahnen der Linie 11 und die U-Bahn der Linie U7 in Stadt1 benutzte und er kontrolliert worden sei.

Vor dem Anfahren der Bahn liegt allenfalls eine versuchte Leistungs­er­schleichung vor

Die konkreten Umstände der Fahrt und der Fahrschein­kon­trolle seien nicht dargelegt. So fehlten Ausführungen dazu, an welcher Haltestelle der Angeklagte in die Straßenbahn bzw. U-Bahn eingestiegen ist und was für eine Fahrtstrecke er bereits zurückgelegt hatte als er von den Kontrolleuren kontrolliert worden sei. Auch lasse die Formulierung, dass er die Straßenbahn bzw. die U-Bahn benutzte, keinen Schluss auf die bereits zurückgelegte Fahrtstrecke zu und schließe nicht aus, dass die Straßenbahn bzw. U-Bahn im Zeitpunkt der Kontrolle erst angefahren war. In diesem Fall wäre aber nur ein, nach § 265 a Abs. 2 StGB ebenfalls strafbarer, Versuch des Erschleichens von Leistungen gegeben.

Der objektive Tatbestand der Leistungs­er­schleichung sei nicht bereits dann erfüllt, wenn der Fahrgast das Verkehrsmittel unberechtigt nutzte. Er müsse darüber hinaus für einen objektiven Beobachter den Anschein geben, dass er berechtigt sei, das Verkehrsmittel zu nutzen, führte das OLG aus.

Hinweis

Einen Straftatbestand des "Schwarzfahrens" gibt es im deutschen Strafrecht nicht. "Schwarzfahren" wird regelmäßig als Erschleichen von Leistungen nach § 265 a StGB bestraft.

Quelle: ra-online, OLG Frankfurt am Main (pt)

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