14.11.2024
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil21.06.2018

Arzt darf auf Webseite nicht mit Wirksamkeit Craniosakraler Osteopathie werbenWerbung mit Wirkaussagen zu medizinischen Behandlungen nur bei gesicherten wissen­schaft­lichen Erkenntnissen zulässig

Das Ober­verwaltungs­gericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass Werbung mit Wirkungs­aussagen medizinischer Behand­lungs­me­thoden zulässig ist, solange nicht dargelegt wird, dass die Behauptung wissen­schaftlich umstritten ist oder ihr jegliche tragfähige wissen­schaftliche Grundlage fehlt. Ist die Wirkaussage umstritten, muss der Werbende nachweisen, dass die Aussage zutreffend ist. Für die Behand­lungs­methode der Craniosakralen Osteopathie fehle ein derartiger Wirkungs­nachweis.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens ist ein gewerblicher Unter­neh­mens­verband. Der Beklagte ist Arzt und warb auf seiner Homepage für verschiedene Heilverfahren im Bereich der Osteopathie. Osteopathie eigne sich seinen Angaben nach u.a. zur "schnelle(n) Schmerz­lin­derung und Wieder­her­stellung der gestörten Gelenkfunktion". Auch "somatische Dysfunktionen" könnten "gefunden" und in zahlreichen Anwen­dungs­ge­bieten "sanft beseitigt" werden. Die Säugling­s­os­teo­pathie weise ebenfalls unter­schiedliche Anwen­dungs­mög­lich­keiten auf, etwa "Geburt­s­trau­ma­tischen Erlebnissen" und "Schlafstörungen". Das Behand­lungs­ver­fahren der Craniosakralen Osteopathie schließlich habe u.a. den Vorteil, dass "mit dem Einfühlen in den Craniosacral-Rhythmus ... der Arzt die Möglichkeit (hat), Verspannungen, Knochen­ver­schie­bungen, Krankheiten und Verletzungen aufzuspüren und zu lösen".

Kläger verlangt Unterlassung werbenden Wirkungsangaben

Der Kläger nahm den beklagten Arzt wegen einer Vielzahl von werbenden Wirkungsangaben auf Unterlassen in Anspruch. Er war der Ansicht, dass die genannten Behand­lungs­ver­fahren zu den alter­na­tiv­me­di­zi­nischen Heilmethoden zählten, denen der wissen­schaftliche Wirksam­keits­nachweis fehle.

Irreführende gesund­heits­be­zogene Angaben könnten mit erheblichen Gefahren für Bevölkerung verbunden sein

Das Landgericht wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem Oberlan­des­gericht teilweise Erfolg. Die Werbe­be­haup­tungen für das Behand­lungs­ver­fahren der "Craniosakralen Osteopathie" seien zu unterlassen, so das Oberlan­des­gericht. Die Wirksam­keits­angaben zu den Verfahren der Osteopathie und Säugling­s­os­teo­pathie dagegen dürfe der beklagte Arzt weiter werbend einsetzen. Das Oberlan­des­gericht betont zunächst die allgemeinen Anforderungen an gesund­heits­be­zogene Werbung. Werbung mit bestimmten Wirkaussagen einer medizinischen Behandlung sei nur zulässig, wenn sie gesicherter wissen­schaft­licher Erkenntnis entspreche. Grundsätzlich seien strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit zu stellen, da mit irreführenden gesund­heits­be­zogenen Angaben erhebliche Gefahren für das hohe Schutzgut des Einzelnen sowie der Bevölkerung verbunden sein können.

Wissen­schaftliche Absicherung des Wirkungs­ver­sprechens muss bereits im Zeitpunkt der Werbung dokumentiert sein

Den Nachweis dieser Wirksamkeit müsse der beklagte Arzt jedoch erst führen, wenn der Kläger hinreichend konkret darlege, dass die Werbebehauptung wissen­schaftlich umstritten sei oder ihr jegliche tragfähige wissen­schaftliche Grundlage fehle. Dabei müsse die wissen­schaftliche Absicherung des Wirkungs­ver­sprechens bereits im Zeitpunkt der Werbung dokumentiert sein. Nicht ausreichend sei es dagegen, sich erst im Prozess auf die Einholung eines Sachver­stän­di­gen­gut­achtens zu berufen. Studien­er­gebnisse seien nur tragfähig, wenn es sich um randomisierte, place­bo­kon­trol­lierte Doppel­blind­s­tudien handele.

Studien über Wirksamkeit Craniosakraler Osteopathie nicht vorgelegt

Hinsichtlich der Behandlungsmethode der sogenannten Craniosakralen Osteopathie habe der Kläger hier nachgewiesen, dass es für die Wirksamkeit an jeglicher tragfähigen wissen­schaft­lichen Grundlage fehle. Der Beklagte habe demgegenüber nicht valide Studien vorlegen können, die die Wirksamkeit der beworbenen Methode zum Zeitpunkt der Werbeaussagen belegten.

Werbende Aussagen zu Osteopathie und Säugling­s­os­teo­pathie zulässig

Hinsichtlich der Osteopathie und der Säugling­s­os­teo­pathie dagegen habe der Kläger nicht hinreichend konkret ausgeführt, dass die beworbenen Methoden in ihrer Gesamtheit und für die vom Beklagten beworbenen Indikationen ungesichert seien. Die zum Verfahren der Osteopathie vorgelegten Auszüge aus dem Online-Lexikon Wikipedia seien ungeeignet, da es sich nicht um objektive Quellen handele. Vorgelegte Fachartikel ließen sich nicht in Bezug zu den angegriffenen Werbeaussagen setzen. Aus der Stellungnahme der Bunde­s­ärz­te­kammer folge sogar, dass es bei einigen Krank­heits­bildern durchaus zuverlässige Aussagen zur Wirksamkeit gebe. Auch aus den zur Säugling­s­os­teo­pathie vorgelegten Unterlagen ergebe sich nicht, dass es für die osteopathische Behand­lungs­methode bei Kindern generell an einer wissen­schaft­lichen Absicherung fehle.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online

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