18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen Geld, auf dem das Wort „Insolvenz“ arrangiert wurde.

Dokument-Nr. 34195

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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss05.07.2024

Prozess­kos­tenhilfe: Die Bundesagentur für Arbeit ist nicht von der Aufbringung von Prozesskosten befreitGewährung von Prozess­kos­tenhilfe als Ausnahme

Klagt ein Insol­venz­ver­walter u.a. im Interesse der Bundesagentur für Arbeit als Insolvenz­gläubigerin gegen Dritte, ist der Bundesagentur für Arbeit zuzumuten, die erforderlichen Prozesskosten aufzubringen. Sie ist nicht grundsätzlich aufgrund ihrer Stellung privilegiert und von der Aufbringung der Prozesskosten befreit. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat bestätigt, dass dem Insol­venz­ver­walter keine Prozess­kos­tenhilfe zu gewähren war.

Der klagende Insolvenzverwalter begehrt Prozesskostenhilfe für die Inanspruchnahme der Beklagten aus Insol­ven­zan­fechtung. Zu den vom Kläger vertretenen Insol­venz­gläu­bigern gehört die Bundesagentur für Arbeit. Hätte die Klage Erfolg, würde sie von ihrem Anteil an der eingeklagten Forderung in erheblichem Umfang profitieren. Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozess­kos­tenhilfe zurückgewiesen, da der Bundesagentur für Arbeit als Insol­venz­gläu­bigerin die Aufbringung der Prozesskosten zumutbar sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Insol­venz­ver­walters hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.

Bundesagentur für Arbeit muss Prozesskosten aufbringen

Der Bundesagentur für Arbeit als hiesige Insol­venz­gläu­bigerin sei von der Kostentragung für das Verfahren nicht befreit. Ihr sei die Aufbringung der Kosten zuzumuten, bestätigte das OLG. Vorschüsse auf die Prozesskosten seien grundsätzlich solchen Beteiligten zuzumuten, „welche die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozess­kos­ten­risiko angemessen berück­sich­ti­gender Betrach­tungsweise bei einem Erfolg der Rechts­ver­folgung deutlich größer sein wird als die von ihnen als Vorschuss aufzubringenden Kosten.“ Neuerdings sei umstritten, ob eine solche - bislang überwiegend angenommene - Unzumutbarkeit bei der Bundesagentur für Arbeit grundsätzlich weiterhin anzunehmen sei. Der Senat spreche sich gegen eine solche Unzumutbarkeit aus. Der Gesetzgeber gehe grundsätzlich davon aus, dass jeder seine Aufwendungen für einen Prozess selbst zu tragen hat. Die Gewährung von Prozess­kos­tenhilfe sei die Ausnahme. Im Fall der Klage eines Insol­venz­ver­walters komme es dabei darauf an, ob den Insol­venz­gläu­bigern die Kosten­auf­bringung nicht zumutbar sei. Die Regelungen seien erkennbar von dem Gedanken getragen, dass es Insol­venz­gläu­bigern grundsätzlich zumutbar ist, die Kosten eines Rechtsstreits aufzubringen, wenn sie auch wirtschaftlich von dessen Ergebnis maßgeblich profitierten.

Auch Schwierigkeiten im Haushalt begründet keine Unzumutbarkeit

Alleine der Umstand, dass die Insol­venz­gläubiger nicht formal Partei seien, sondern diese Rolle der Insol­venz­ver­walter einnehme, schütze sie nicht davor, wie eine Partei wirtschaftlich in Vorleistung gehen zu müssen. Es müsse folglich Gründe von erheblichem Gewicht geben, damit die Zumutbarkeit im Einzelfall entfalle. Diese seien nicht bereits dann grundsätzlich anzunehmen, wenn der Gläubiger „sinnvolle“ Zwecke im öffentlichen Interesse verfolge. Es sei nicht Aufgabe der Regelungen zur Gewährung von Prozess­kos­tenhilfe, grundsätzlich „erwünschte“ oder sonst „förde­rungs­würdige“ Tätigkeiten unter­schied­licher Akteure zu privilegieren. Dem Gesetzgeber stünden dafür vielmehr mannigfaltige andere Förder­mög­lich­keiten zur Verfügung, deren Gebrauch weniger systemfremd wäre. Auch mit möglichen Schwierigkeiten, im Haushalt Vorsorge für die wirtschaftliche Beteiligung an Rechtss­trei­tig­keiten zu tragen, lasse sich eine Unzumutbarkeit nicht begründen. Insoweit gebe es zahlreiche Vorsor­gemög­lich­keiten. Folglich sei der Bundesagentur für Arbeit die Prozess­fi­nan­zierung zumutbar. Der Senat hat die Rechts­be­schwerde zum BGH zugelassen, da die Problematik in der oberge­richt­lichen Rechtsprechung umstritten ist.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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