24.10.2024
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil07.10.2024

Wider­sprüchliche Angaben eines Mandanten erhöhen abrechenbaren Aufwand seines VerteidigersRechtsanwalt kann erhöhten Aufwand auch abrechnen

Der abrechenbare Aufwand eines mit der Verteidigung beauftragten Rechtsanwalts kann steigen, je mehr ein Beschuldigter durch sein Verhalten und seine Einlassung die Aufklärung erschwert und den Verdacht gegen ihn vertieft (hier: zur Herkunft von 394.050 € Bargeld in einem Koffer). Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main hat der Berufung der beklagten Rechtsanwälte teilweise stattgegeben, die von ihrem Mandanten auf Rückzahlung vereinnahmten Rechts­anwalts­honorars in Anspruch genommen worden waren.

Der Kläger hatte einem Dritten einen ihm gehörenden Geldbetrag in Höhe von 394.050 € bar in kleiner Stückelung in einem Koffer zum Weitertransport in die Türkei am Flughafen Frankfurt am Main übergeben. Nachdem der Geldtransport am Flughafen aufgefallen war, stellte das Zollfahn­dungsamt das Geld zur Durchführung eines Clearing-Verfahrens wegen des Anfangs­ver­dachte der Geldwäsche sicher. Der Kläger hatte angegeben, dass ihm das Geld von seiner Mutter geschenkt worden sei.

Kläger beauftragt Rechtsanwälte

Nachfolgend beauftragte der Kläger die beklagte Rechts­an­walts­kanzlei, seine Rechte im zollrechtlichen Bußgeld­ver­fahren und dem Clearing-Verfahren wahrzunehmen. Er schloss mit ihr eine Vergütungsvereinbarung, die einen Stundensatz von 400 € sowie eine Mindest­pau­schale i.H.v. 2.000 € - jeweils zuzüglich Umsatzsteuer - vorsah. Nachdem das Amtsgericht die Beschlagnahme der Geldscheine angeordnet hatte, stellte die Staats­an­walt­schaft das Ermitt­lungs­ver­fahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der Geldwäsche ein. Die Beklagte zog Anwaltshonorar in Höhe von 14.500 € vom klägerischen Konto für berechnete 23:50 Stunden ein. Der Kläger verlangt nun Rückzahlung dieses Betrags mit Ausnahme der gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren, d.h. knapp 14.000 €. Er hält die Vergü­tungs­ver­ein­barung für nichtig und bestreitet, dass die Beklagte wie abgerechnet tätig gewesen sei. Das LG hatte die Beklagte zur Zahlung von rund 11.700 € verurteilt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die vor dem OLG teilweise Erfolg hatte.

Pflicht zu effektiver Verteidigung erfordert Auflösung von Widersprüchen

Dem Kläger stehe nur ein Anspruch aus ungerecht­fer­tigter Bereicherung i.H.v. rund 6.700 € zu, führte das OLG aus. Dieser Rückzah­lungs­an­spruch ergebe sich teilweise bereits daraus, dass die Beklagte über den sich rechnerisch auf Basis ihres Vortrags ergebenden Betrag von 11.058,66 € (23,5 Stunden mal 400 € zzgl. USt) hinaus tatsächlich 14.500 € abgerechnet habe. Im Übrigen folge er daraus, dass die Beklagte zwar 16,5 Stunden nachweisbar tätig gewesen sei, jedoch keine darüber hinausgehenden Tätigkeiten berechnen könne.

Vergü­tungs­ver­ein­barung ist wirksam

Ohne Erfolg wende sich der Kläger dabei gegen die Wirksamkeit der Vergü­tungs­ver­ein­barung. Die Beklagte habe ihren Aufwand auch zurecht damit begründet, dass es sich um spezielle zollrechtliche Fragen gehandelt habe. Belegt sei schließlich, dass sich besondere Schwierigkeiten bei der Rechte­wahr­nehmung aus dem Vortrag des Klägers ergeben hätten. Seine unklaren Ausführungen bei der Eingangs­be­ratung hätten in Einklang mit den Unterlagen gebracht werde müssen. Erschwert sei dies dadurch, dass der Kläger unter­schiedliche, teilweise nicht nachvoll­ziehbare und von der Behörde als unglaubhaft angesehene Angaben gemacht habe.

„Der Anwalt darf nicht jede Darstellung des Mandanten ungeprüft als Einlassung weitergeben, um im Hinblick auf seine Pflicht zur effektiven Vertretung die Position des Mandanten nicht durch abwegige und wider­sprüchliche Einlassungen zu verschlechtern“, erläuterte das OLG, „je mehr ein Beschuldigter durch sein Verhalten und seine Einlassung die Aufklärung erschwert und den Verdacht gegen ihn vertieft, desto größer ist der Aufwand, den sein Verteidiger benötigt, um für eine stringente Einlassung und effektive Verteidigung eine entsprechende Strategie zu entwickeln“. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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