25.10.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.
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Oberlandesgericht Köln Beschluss04.11.2019

Vier Minuten Arbeit rechtfertigen nicht die Abrechnung eines vollen StundensatzesAGB-Klausel ermöglicht in unzulässiger Weise eine wissentliche Aufblähung des Zeitaufwandes

Ein Streit um die Rechtmäßigkeit von Allgemeinen Geschäfts­bedingungen (AGB) einer Rechts­anwalts­kanzlei wurde vor dem Oberlan­des­gericht Köln rechtskräftig beendet. Die Rechts­an­walts­kammer Köln hatte eine Kölner Kanzlei vor dem Landgericht Köln erfolgreich darauf verklagt, zahlreiche AGB-Klauseln nicht mehr zu verwenden. Nachdem die Kanzlei die zunächst beim Oberlan­des­gericht Köln dagegen eingelegte Berufung zurückgenommen hat, ist das Urteil des Landgerichts nun rechtskräftig.

Im zugrunde liegenden Streitfall hatte das Landgericht Köln in seinem Urteil zahlreiche Klauseln einer Rechts­an­walts­kanzlei für unzulässig erklärt. Das betraf etwa eine Regelung, nach der die Kanzlei stets mit einer gerichtlichen Inter­es­sen­wahr­nehmung beauftragt werden sollte, auch wenn der Mandant den Auftrag eigentlich auf eine außer­ge­richtliche Tätigkeit beschränkt hatte. Durch diese Klausel werde die Entschei­dungs­freiheit der Mandanten unzulässig eingeschränkt.

Vergü­tungs­ver­ein­barung muss bei jedem einzelnen Vertrag neu abgeschlossen werden

Ebenfalls unzulässig sei eine Regelung, wonach die Vergütungsvereinbarung für sämtliche, auch zukünftige Mandate gelten sollte. Die Voraussetzungen, dass AGB zwischen Parteien gelten, müssten bei jedem einzelnen abzuschlie­ßenden Vertrag neu erfüllt werden.

Genaue Zeitabrechnung für Kanzlei möglich und zumutbar

Schließlich sei auch die Klausel unwirksam, wonach der vereinbarte Stundensatz in Viertel­stun­den­schritten abgerechnet werde und ein Viertel des vereinbarten Stundensatzes für jede angefangenen 15 Minuten berechnet werde. Diese Regelung­verstoße gegen§ 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und sei daher sowohl gegenüber Verbrauchern als auch gegenüber Unternehmern unwirksam. Bei Anwendung der Klausel könne es dazu kommen, dass auch im Falle einer Tätigkeit von 4 x 1 Minute der komplette Stundensatz fällig werde. Regelmäßig erfordere die anwaltliche Tätigkeit neben aufwändiger rechtlicher Prüfung und zeitintensiver Wahrnehmung von Terminen auch kurze Telefonate u.s.w., so dass in einer Vielzahl von Fällen die Vergütung der Kanzlei, gerechnet auf die Minute, deutlich über dem vereinbarten Stundensatz liege. Im Hinblick auf die Möglichkeiten moderner Zeiterfassung sei eine genauere Zeittaktung auch zumutbar und möglich. Für die Kanzlei ergebesich zudem der Anreiz, Tätigkeiten über den Tag zu verteilen, anstatt diese innerhalb eines zusam­men­hän­genden Zeitraumes zu erbringen. Die Klausel ermögliche eine wissentliche Aufblähung des Zeitaufwandes und führe dazu, dass dem Mandanten deutlich höhere Gebühren in Rechnung gestellt werden könnten als dies dem vereinbarten Stundensatz entspreche.

Rechts­an­walts­kammer darf gegen eigene Mitglieder vorgehen

In seiner Entscheidung hatte das Landgericht auch klargestellt, dass die Rechts­an­walts­kammer gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 Unter­las­sungs­kla­ge­gesetz gegen ihre eigenen Mitglieder vorgehen kann. Zu den Aufgaben der Rechts­an­walts­kammer gehöre auch die Abwehr von Geset­zes­ver­let­zungen und Wettbe­wer­bs­ver­stößen.

Quelle: Oberlandesgericht Köln/ra-online (pm/kg)

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