Oberlandesgericht Koblenz Beschluss26.04.2010
Anwalt kann in Einzelfällen bis zu 500,- Euro/Stunde verlangenStundensätze sind nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen
In Einzelfällen können Anwälte mit ihren Mandanten Stundensätze bis zu 500,- Euro vereinbaren. Ein solcher Stundensatz ist nicht per se sittenwidrig. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz hervor.
Im zugrunde liegenden Fall war eine Frau in einem Wirtschaftsstrafverfahren zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden. Für das Berufungsverfahren beauftragte sie einen Anwalt, mit dem sie einen Stundensatz von 250,- Euro vereinbarte. Im Berufungsverfahren erreichte es der Anwalt, dass die Strafe auf 1 Jahr und 6 Monate herabgesetzt wurde und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Für die Vertretung im Berufungsverfahren berechnete der Anwalt 34.584,37 Euro.
Mandantin hält Stundensatz für sittenwidrig
Da die Frau die Rechnung nicht beglich, verklagte der Anwalt seine frühere Mandantin im Rahmen einer Honorarklage. Die Frau wandte ein, dass der vereinbarte Stundensatz von 250,- EUR sittenwidrig und die berechnete Stundenzahl zu hoch sei.
LG und OLG geben Honorarklage des Anwalts statt
Das Landgericht Koblenz verurteilte die Frau zur Zahlung des Anwalthonorars. Das Oberlandesgericht Koblenz bestätigte diese Entscheidung in der Berufungsinstanz.
OLG: Stundensätze von bis zu 500,- Euro möglich
Das Oberlandesgericht Koblenz wertete in seiner Entscheidung sogar einen Stundenlohn bis 500,- Euro als grundsätzlich zulässig. Stundensätze von bis zu 500,- Euro seien je nach den Umständen des Einzelfalles nicht per unangemessen, führte das Gericht aus. Die Frau sei in 1. Instanz zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden. Diese Strafe hätte die Frau auch weitgehend verbüßen müssen, führte das OLG weiter aus. Ein Stundenhonorar von 250,- Euro für die anwaltliche Vertretung im Berufungsverfahren gegen eine derartige Verurteilung sei nicht unangemessen hoch. Zudem seien die Tatvorwürfe sehr umfangreich gewesen und es habe sich um tatsächlich und rechtlich schwere Sachverhalte gehandelt.
In Rechnung gestellte Stundenzahl plausibel
Gegen die in Rechung gestellte Stundenzahl hatte das OLG auch nichts einzuwenden. Die berechneten Stunden erschienen dem Gericht plausibel. Ein übertriebener und sachlich nicht gerechtfertigter Aufwand sei nicht betrieben worden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 18.08.2010
Quelle: ra-online, OLG Koblenz
der Leitsatz
1. Ein Stundensatz bis zu 250 EUR in der Vergütungsvereinbarung mit einem Strafverteidiger begegnet keinen Bedenken (gegen OLG Düsseldorf I-24 U 183/05 vom 18. 2. 2010).
2. Ergibt ein Abgleich des anwaltlichen Tätigkeitsnachweises mit den in den Strafakten durch Schriftsätze oder in sonstiger Weise belegten Aktivitäten des Verteidigers, dass der jeweils behauptete Zeitaufwand plausibel erscheint, kann das ausreichen. Gleiches gilt, soweit eine Vergütung für Besprechungen mit dem Gericht, einem zuvor tätig gewordenen anderen Verteidiger oder gar mit dem Mandanten selbst verlangt wird. Pauschales Bestreiten ist insoweit unzureichend (Modifizierung zu BGH IX ZR 18/09 vom 4. 2.2010).
3. Offen bleibt, ob der Auffassung des BGH zu folgen ist, dass allgemeine Hinweise über Aktenbearbeitung, Literaturrecherche und Telefongespräche "jedenfalls bei wiederholter Verwendung" unzureichend sind.