21.11.2024
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Dokument-Nr. 27117

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Urteil27.02.2019Oberlandesgericht Frankfurt am Main19 U 104/18
Vorinstanz:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil08.05.2018, 2/28 O 98/17
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil27.02.2019

Grundpreis von 8,99 Euro pro Monat für Basiskonto unangemessen hochHöhe des Entgelts für Basiskonto muss durch­schnitt­liches Nutzerverhalten von Kontoinhabern angemessen widerspiegeln

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass ein monatlicher Grundpreis von 8,99 Euro sowie Kosten von 1,50 Euro für eine beleghafte Überweisung im Rahmen eines Basiskontos unangemessen hoch und damit unwirksam sind. Basiskonten müssen zwar nicht als günstigstes Kontomodell eines Kreditinstituts angeboten werden, die Preise sollen aber das durch­schnittliche Nutzerverhalten dieser Kontoinhaber angemessen widerspiegeln.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls ist ein Verbrau­cher­verband. Er wendet sich gegen zwei Preisklauseln in den Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen des beklagten deutschen Kreditinstituts. Sie betreffen das sogenannte Basiskonto der Beklagten. Die Beklagte verlangt dort einen monatlichen Grundpreis von 8,99 Euro sowie 1,50 Euro für eine "beleghafte Überweisung (SEPA) bzw. Überweisung über einen Mitarbeiter im telefonischen Kundenservice oder der Filiale". Sie bietet Kontenmodelle zwischen ,00 Euro und 9,99 Euro monatlich an. Der Kläger hält die Preisklauseln des Basiskontos hinsichtlich des Grundpreise und der Überwei­sungs­kosten für unangemessen hoch.

Bank darf von Vorschriften des Zahlungs­kon­ten­ge­setzes nicht zum Nachteil des Verbrauchers abweichen

Das Landgericht gab der Klage statt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Bank hatte auch vor dem Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main keinen Erfolg. Bei den angegriffenen Klauseln handele es sich um Allgemeine Geschäfts­be­din­gungen, stellt das Oberlan­des­gericht klar. Sie seien kontrollfähig, soweit sie von gesetzlichen Preisregelungen abwichen. Dies sei bei sogenannten Basis­kon­to­ver­trägen der Fall. Bei Basiskonten handele es sich um Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen für besonders schutz­be­dürftige Verbraucher. Das Zahlungs­kon­ten­gesetz (ZKG) enthalte für diese Konten Grundregelungen zur Bestimmung eines angemessenen Entgelts. Von diesen Vorschriften dürfe nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. Die hier angegriffenen Klauseln seien mit wesentlichen Grundgedanken dieser gesetzlichen Regelungen nicht zu vereinbaren und benachteiligten die Kunden der Beklagten entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen.

Verlagerung des Aufwands für Tätigkeiten auf Kunden unzulässig

Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit seien die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten unter Berück­sich­tigung des Umfangs der von der Bank zu erbringenden Leistungen. Besondere Bedeutung erlange hier, dass die wirtschaftliche Lage der betroffenen Verbraucher, die Basiskonten beantragen, regelmäßig angespannt ist, weshalb zugrunde gelegt werden könne, dass sie regelmäßig nur wenige Zahlungen über das Basiskonto abwickeln. Nutzer des Basiskontos seien zwar zum Teil Personen, die individuelle Hilfe bei der Erledigung der Zahlungs­vorgänge benötigten. Zu einem anderen Teil handele es sich aber auch um Verbraucher mit einer hohen Affinität zu Mobilgeräten, die ihre Bankgeschäfte selbständig online erledigten. Die Bank sei zwar im Hinblick auf den dargestellten Aufwand nicht verpflichtet, das Basiskonto als günstigstes Modell anzubieten. Die Höhe des Entgelts müsse aber das durch­schnittliche Nutzerverhalten aller Kontoinhaber angemessen widerspiegeln, so das Gericht. Dies könne hier nicht festgestellt werden. Die Beklagte lege vielmehr zahlreiche Kostenelemente auf die Kunden des Basis­kon­ten­modells um, mit denen sie die Kunden vergleichbarer anderer Kontenmodelle nicht belaste. Zudem wälze sie zahlreiche Kosten­po­si­tionen auf die Nutzer eines Basiskontos ab, die Ausfluss gesetzlicher Prüfungen oder Infor­ma­ti­o­ns­pflichten seien sowie die Ausbuchungen von ausgefallenen Kundengeldern anderer Basis­kon­to­be­sitzer betreffen. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs sei es jedoch unzulässig, Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden zu verlagern, zu denen die Beklagte gesetzlich verpflichtet sei oder die sie überwiegend im eigenen Interesse erbringe.

Erläuterungen:

Das Zahlungs­kon­ten­gesetz setzt die Zahlungs­kon­ten­richtlinie der EU (RL 2014/92 EU) um. Ziel dieser Richtlinie ist es, kontolosen, schutz­be­dürftigen Verbrauchern den Zugang zu Zahlungskonten zu ermöglichen, weil ein Leben ohne Girokonto praktisch nicht möglich sei. Diese Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen sollen zu besonders vorteilhaften Bedingungen, beispielsweise unentgeltlich, angeboten werden (Erwägungsgrund 46 RL 2014/92 EU). Deutschland hat diese Richtlinie durch das Zahlungs­kon­ten­ge­setzes (ZKG) vom 19.6.2016 umgesetzt und das "Basiskonto" eingeführt.

§ 41 Zahlungs­kon­ten­gesetz Entgelte, Kosten und Verbot von Vertragsstrafen

(1) Der Kontoinhaber ist verpflichtet, an das kontoführende Institut für die Erbringung von Diensten auf Grund des Basis­kon­to­vertrags das vereinbarte Entgelt zu entrichten.

(2) 1 Das Entgelt für die von § 38 erfassten Dienste muss angemessen sein. 2 Für die Beurteilung der Angemessenheit sind insbesondere die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten zu berücksichtigen. 3 Die Sätze 1 und 2 gelten für Vereinbarungen über vom Kontoinhaber zu erstattende Kosten entsprechend.

(3) [...]

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online

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