21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Schreibtisch mit einem Tablet, einer Kaffeetasse und einem Urteil.
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil06.02.2020

Private Hochschule darf universitäre Prüfungs­leistung des juristischen Staatsexamens abnehmenDurchführung von Prüfungen muss sich an denselben Grundsätzen orientieren wie Prüfungs­ver­fahren einer staatlichen Hochschule

Prüfungs­ver­fahren an privaten Hochschulen müssen im Hinblick auf ihre Grund­rechts­re­levanz denselben Grundsätzen genügen wie Verfahren an staatlichen Hochschulen. Die Durchführung reiner Hochschul­prü­fungen durch eine private Hochschule verkürzt deshalb nicht die Grundrechte der Studierenden oder zu Prüfenden. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Frankfurt am Main hervor.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens studierte bei der beklagten privatrechtlich organisierten Hochschule Rechts­wis­sen­schaft. Sie strebt die neue Bewertung einer von ihr gefertigten Hausarbeit an. Diese wurde vom Erst- und Zweitprüfer jeweils mit "ausreichend" benotet. Die Klägerin hielt die vollständige Privatisierung der universitären Prüfungen und Bewertungen für verfas­sungs­widrig und die konkrete Beurteilung ihrer Arbeit für fehlerhaft. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Private Hochschule darf gemäß hessischem Hochschulgesetz Studien- und Prüfungsbetrieb durchführen

Die hiergegen gerichtete Berufung hatte auch vor dem Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main keinen Erfolg. Der Verwal­tungs­ge­richtshof Kassel habe den Rechtsstreit wirksam an die Zivilgerichte verwiesen und insoweit ausgeführt, dass die Klägerin sich durch den Besuch einer privatrechtlich organisierten Hochschule eigen­ver­ant­wortlich auf dem Boden des Privatrechts begeben habe. Nach dem hessischen Hochschulgesetz könne die Beklagte auf privat­recht­licher Grundlage selbst einen Studien- und Prüfungsbetrieb durchführen. Dazu gehöre auch die Abnahme der hier streit­ge­gen­ständ­lichen Schwer­punkt­be­reich­s­prüfung als reine Hochschul­prüfung. Die Übertragung berufs­qua­li­fi­zie­render Prüfungen an eine privat rechtlich konstituierte Hochschule, hier die Beklagte, verkürze insbesondere nicht grundrechtliche Gewähr­leis­tungen der Studierenden oder zu Prüfenden, betonte das Oberlan­des­gericht. Vielmehr müsse auch die private Hochschule uneingeschränkt die sich aus den grund­recht­lichen Gewähr­leis­tungen ergebenden Maßgaben für die Durchführung von berufs­qua­li­fi­zie­renden Prüfungen einhalten. Der Anspruch der Studenten der Beklagten auf Durchführung der Prüfungen habe sich an denselben Grundsätzen zu orientieren wie das Prüfungs­ver­fahren einer staatlichen Hochschule. Diesen grund­recht­lichen Anforderungen habe die Beklagte hier genügt.

Prüfer wurden ordnungsgemäß bestellt

Das Prüfungs­ver­fahren sei auch nicht fehlerhaft. Die Prüfer seien ordnungsgemäß bestellt worden. Anhaltspunkte für eine Befangenheit lägen nicht vor. Allein, dass die Prüfer im sogenannten Überden­kens­ver­fahren an ihren Beurteilungen festgehalten haben, genüge dafür nicht. Es gebe keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass ein Prüfer, dem ein Verfahrens- oder Bewer­tungs­fehler angelastet werde, schon deshalb grundsätzlich seine innere Distanz zu dem Prüfungsvorgang verliere, betont das Oberlan­des­gericht.

Grenzen des Bewer­tungs­spielraums wurden eingehalten

Die Erst- und Zweit­be­wer­tungen seien schließlich auch nicht rechtlich fehlerhaft. Prüfer müssten bei ihrem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Examenspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und allgemein anwenden. Im Hinblick auf die komplexen Erwägungen, die einer Prüfungs­ent­scheidung zugrunde lägen, komme den Prüfern ein Bewer­tungs­spielraum zu. Dieser umfasse insbesondere die Punktevergabe und Notengebung, soweit sie nicht mathematisch terminiert sei, die Einordnung des Schwie­rig­keits­grades einer Aufga­ben­stellung, die Würdigung der Qualität der Darstellung sowie die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung und der Gewichtung der Bedeutung eines Mangels. In diesen Bereich des spezifischen Bewer­tungs­spielraums dürften die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen; sie haben vielmehr nur zu überprüfen, ob die Prüfer die Grenzen ihres Bewer­tungs­spielraums eingehalten haben, stellte das Oberlan­des­gricht fest. Dies sei hier der Fall.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt/ra-online (pm/kg)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil28509

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI