18.10.2024
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil17.12.2020

Ausrei­se­un­ter­sagung gegen gewalttätigen Fußballfan erfordert verlässlicher Gefah­ren­prognoseVoraussetzung zur Gewährung von Schmerzensgeld wegen nicht erfüllt

Einem Fußballfan kann die Ausreise zur Teilnahme an einem Fußballspiel untersagt werden, wenn seine Teilnahme infolge voraus­ge­gangener Gewalt­be­reit­schaft dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland schadet. Fehlen hinreichende Anhaltspunkte für eine fortbestehende Gewalt­be­reit­schaft, ist eine Ausrei­se­un­ter­sagung nicht verhältnismäßig. Wegen einer zu Unrecht erfolgten Ausrei­se­un­ter­sagung sprach das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) Ersatz von Flug- und Übernach­tungs­kosten zu. Der Anspruch auf Schmerzensgeld wurde abgewiesen.

Der Kläger begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld von der Bundesrepublik Deutschland. Er war im Zusammenhang mit Fußballspielen mehrfach im In- und Ausland strafrechtlich in Erscheinung getreten. Als er Ende 2018 zu einem Spiel zwischen Apollon FC und Eintracht Frankfurt in die Republik Zypern fliegen wollte, wurde ihm die Ausreise in Hinblick auf vorausgegangene Gewalt­tä­tig­keiten und die Gefahr einer Wiederholung untersagt. Der Kläger begehrt Ersatz u.a. seiner Flug- und Übernach­tungs­kosten sowie Schmerzensgeld.

Berufung teilweise Erfolg

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG teilweise Erfolg. Der Kläger könne Ersatz seiner Flug- und Übernach­tungs­kosten verlangen, entschied das OLG. Die Ausrei­se­un­ter­sagung beruhte nicht auf einer ausreichend ermittelten Tatsa­chen­grundlage. Grundsätzlich könne eine Ausrei­se­un­ter­sagung erfolgen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründeten, dass die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden“ würden. Das gewalttätige Auftreten eines deutschen Fußballfans im Ausland schädige das internationale Ansehen der Bundesrepublik. Es bestehe deshalb eine staatliche Verpflichtung, gewalttätige Ausein­an­der­set­zungen anlässlich von sportlichen Großereignissen zu verhindern.

Konkrete Tatsachen für die angestellte Gefah­ren­prognose hier nicht ausreichend

Ob im Einzelfall im Hinblick auf ein zu befürchtendes gewalttätiges Auftreten im Ausland eine Ausrei­se­un­ter­sagung auszusprechen ist, müsse der handelnde Beamte vorausschauend auf Basis der ihm zur Verfügung stehenden Informationen entscheiden. Konkrete Tatsachen für die angestellte Gefah­ren­prognose seien hier nicht beigebracht worden. Da der Kläger seit knapp drei Jahren „unauffällig“ geblieben sei, obwohl er über 100 Fußballspiele aufgesucht habe, erweise sich das Ausreiseverbot als unver­hält­nismäßig.

Kein Anspruch auf Schmerzensgeld

Schmerzensgeld stehe dem Kläger dagegen nicht zu. Voraussetzung wäre eine schwere Verletzung seines Persön­lich­keits­rechts. Dies habe der Kläger nicht dargetan. Sein Hinweis, die Maßnahme sei zu großen Teilen in der Öffentlichkeit erfolgt, genüge nicht.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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