Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil18.12.2008
"Morgengabe" nach islamisch-religiösem Ritus in Deutschland als Schenkungsversprechen wirksamOLG Düsseldorf zur Wirksamkeit einer in der Türkei erklärten Schenkung nach islamischem Brauch
Nach ihrer Scheidung verklagte die in Deutschland lebende Klägerin ihren ehemaligen Schwiegervater. Dieser hatte ihr in der Türkei vor der Heirat mit seinem Sohn schriftlich zugesagt, dass er ihr im Fall einer Scheidung 30.000 Euro zahlen werde, um ihren Lebensunterhalt sicher zu stellen.
Diese schriftliche Erklärung werteten die Richter des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) als formwirksam geschlossenes Schenkungsversprechen und gaben der Schwiegertochter in der 2. Instanz recht. Der beklagte Schwiegervater ist zur Zahlung des Geldes verpflichtet.
Anwendbarkeit deutschen Rechts aufgrund gewöhnlichen Aufenthalts des Beklagten in Deutschland
Streitig war bereits die Frage, welches Recht überhaupt Anwendung finde. Denn die Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Die Schenkungserklärung wurde in türkischer Sprache in der Wohnung ihrer Eltern in der Türkei aufgesetzt und unterzeichnet. Nach deutschem internationalem Privatrecht ist das Recht desjenigen Staates anzuwenden, mit dem der Vertrag die engste Verbindung aufweist. Nach Art. 28 EGBGB besteht die Vermutung, dass der Vertrag die engsten Verbindungen mit dem Staat aufweist, in dem die charakteristische Vertragsleistung zu erbringen ist. Danach war an den gewöhnlichen Aufenthalt des Beklagten anzuknüpfen. Dieser hatte bereits im Jahr der Erklärung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb, so die Richter des OLG, sei deutsches Sachrecht anzuwenden.
Schenkung ist einschlägiger Vertragstyp
Streitig war auch die Art des Vertrags. Das Vorliegen eines abstrakten Schuldversprechens lehnten die Richter ab. Denn sonst hätte die von dem Beklagten übernommene Verpflichtung von ihrem Rechtsgrund, also von ihren wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhängen, gelöst sein müssen. Ganz im Gegenteil wurden in der Erklärung jedoch die tatsächlichen und rechtlichen Hintergründe für die Verpflichtung zur Geldzahlung im einzelnen dargelegt. Es wurde ausdrücklich aufgeführt, dass der Beklagte die Klägerin nach Deutschland mitnehme. Es wurde erklärt, dass die Zahlungsverpflichtung dazu diene, der Klägerin zu ermöglichen, auch nach Scheidung der Ehe zwischen ihr und dem Sohn des Beklagten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Deshalb liege ein unter einer Bedingung - der Scheidung - gestelltes Schenkungsangebot im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor.
Formwirksamkeit des Schenkungsversprechens
Gemäß § 518 BGB bedarf ein Schenkungsvertrag hinsichtlich des Versprechens der Beurkundung. Das Fehlen der nach deutschem Recht erforderlichen notariellen Beurkundung sei in diesem Fall jedoch unschädlich, urteilten die Richter des OLG. Denn für die Formwirksamkeit des Schenkungsversprechens gelange auch türkisches Recht zur Anwendung. Weil dieses den nach deutschem Recht bestehenden Formzwang der Schenkung nicht kenne, reiche die bloße Schriftform, die hier eingehalten wurde, aus. Nach deutschem internationalem Privatrecht (Art. 11 EGBGB) ist ein Rechtsgeschäft dann formgültig, wenn es die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist oder das Recht des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird. Damit könne mit dem Ziel weitgehender Formwirksamkeit alternativ auf das sogenannte Geschäftsrecht ("Wirkungsstatut") oder auf das sogenannte "Ortstatut" abgestellt werden, führten die Richter aus. Da das Schenkungsversprechen von dem Beklagten in der Türkei abgegeben wurde, sei Formstatut das türkische Recht.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 15.06.2009
Quelle: ra-online (we)