Geklagt hatte eine Frau, die am Rosenmontag des Jahres 1996 auf der Tanzfläche in den Gasträumen des Beklagten gestürzt war. Dabei hatte sie sich das rechte Sprunggelenk gebrochen. Sie führte den Sturz auf eine Bierpfütze infolge eines auf den Boden gefallenen Bierglases zurück. Weil der Gastwirt die Bierpfütze nicht sogleich hatte beseitigen lassen, verklagte sie ihn auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.
Die Richter des OLG gaben ihr in letzter Instanz recht und sprachen ihr ein Schmerzensgeld von 8.000 DM zu. Die Beweisaufnahme hatte während des Prozesses ergeben , dass die Klägerin auf der Tanzfläche in einer Bierpfütze ausgerutscht war. Die Richter befanden daraufhin, dass Feuchtigkeit auf einem Fußboden mit glatter Oberfläche erfahrungsgemäß zu einer erhöhten Rutschigkeit des Bodens führe. Die Gefahr, dass Besucher auf einem nassglatten Fußboden ausgleiten, werde dadurch noch verstärkt, dass die nur in Teilbereichen vorhandene Nässe häufig nicht ohne weiteres erkennbar sei und die Besucher mit einer gefährlichen Glätte in Teilbereichen der Fußbodenfläche nicht rechneten.
Es ist gefestigte Rechtsprechung, das jeder, der eine in seinem Verantwortungsbereich liegende Gefahrenquelle eröffnet und unterhält, im Rahmen des Zumutbaren diejenigen Maßnahmen oder Vorkehrungen zu treffen hat, die notwendig sind, um Dritte vor Schäden zu bewahren. Demzufolge war der Beklagte als Betreiber einer Gaststätte verpflichtet, die Vorkehrungen zu treffen, die nach den berechtigten Sicherheitserwartungen der Besucher zur Abwehr von Gefahren erforderlich waren. Dazu gehörte auch, die Fußböden der Gasträume in einem Zustand zu halten, dass Gefahren von Besuchern tunlichst abgewendet werden, die bei bestimmungsgemäßer Benutzung drohten, zumindest aber das Publikum vor derartigen Gefahren hinreichend zu warnen.
Die Richter des OLG kamen zu dem Ergebnis, dass der Beklagte die ihm obliegenden Verkehrssicherungspflichten schuldhaft verletzt habe. Denn entweder habe er keine ausreichende Vorsorge für den am Unfalltag eingetretenen Fall getroffen, dass die Tanzfläche durch Verschütten nicht unerheblicher Mengen von Getränken stellenweise gefährlich glatt geworden war. Oder aber der oder von ihm mit der Beseitigung dieser Gefahr beauftragte Mitarbeiter sei dieser Aufgabe nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. In beiden Fällen habe der Beklagte für die Verletzung der Klägerin einzustehen. Da es sich bei der Veranstaltung am Unfalltag um ein Karnevalsfest handelte und alkoholische Getränke ausgeschenkt wurden, musste er auch damit rechnen, dass auch in dem als Tanzfläche benutzten Bereich des Saales infolge Unachtsamkeit der Gäste volle oder teilweise geleerte Trinkgläser zu Boden fallen sowie auf andere Weise Getränke verschüttet wurden.
Die Richter befanden, das die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Beklagten für den Unfall ursächlich war. Dafür spreche der Beweis des ersten Anscheins. Sei es im Bereich der Unfallstelle gefährlich glatt, so spreche die Lebenserfahrung dafür, dass die Glätte auch für den Sturz ursächlich war. Dies gelte jedenfalls dann, wenn der Sturz sich auf freier Fläche ereignet habe und andere mögliche Einwirkungen als Unfallursache fern liegen. Allein der Umstand, dass die Klägerin beim Tanzen gestürzt ist, rechtfertige keine andere Beurteilung. Auf einer verkehrssicheren, gleichmäßig glatten Tanzfläche sei die Sturzgefahr nicht so stark erhöht, dass schon deshalb allein der Anscheinsbeweis ausgeschlossen wäre.
Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Klägerin ungeschickt oder besonders ausgelassen getanzt hätte oder sie oder ihr Tanzpartner infolge Alkoholgenusses in ihren Reaktionen sowie im Bewegungsablauf beeinträchtigt gewesen wären. Derartige Umstände seien aber nicht vorgetragen worden. Dass die Klägerin, wie ihr Ehemann als Zeuge bekundete, über einen Zeitraum von etwa zwei Stunden "ein paar kleine Likörchen" getrunken hatte, stelle noch keinen Umstand dar, aus dem sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergebe.
Was der Beklagte zu seiner Entlastung vorgetragen habe, bewege sich ausschließlich im Bereich bloßer Vermutungen, die durch Tatsachen nicht untermauert seien. Dass der Tanzpartner der Klägerin nach dessen eigenen Angaben stark angetrunken war, reiche weder für sich allein noch in Verbindung mit der von der Klägerin eingeräumten eigenen Alkoholisierung aus, den Anscheinsbeweis zu erschüttern. Dass die Alkoholisierung der Klägerin oder ihres Tanzpartners einen Grad erreicht hätte, der ihre "Standsicherheit" beim Tanzen beeinträchtigt hätte, konnte der Beklagte nicht darlegen. Auch der Umstand, dass die Klägerin unmittelbar nach dem Unfall lediglich erklärt hatte, sie sei ausgerutscht, ohne aber die Bierlache als Ursache zu nennen, spreche nicht gegen den Anscheinsbeweis. Die Äußerung könne auch damit erklärt werden, dass die Klägerin das Vorhandensein der Pfütze gar nicht bemerkt hatte.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.02.2009
Quelle: ra-online, OLG Düsseldorf (vt/we)