21.11.2024
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Dokument-Nr. 6731

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Oberlandesgericht Dresden Urteil28.08.2008

Reise beginnt mit Einchecken am FlughafenDanach zahlt Reise­rück­tritts­kos­ten­ver­si­cherung nicht mehr

In einer Reise­rück­tritts­kos­ten­ver­si­cherung ist unter dem Reiseantritt als dem Zeitpunkt, bis zu dem ein Rücktritt den Versi­che­rungsfall auslösen kann, bei einer Flugreise der Beginn des Eincheckens zu verstehen. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Dresden.

Der Kläger hatte für sich und seine Familie eine Pauschalreise inklusive Flug nach Mexiko zum Gesamtpreis von damals 15.290 DM gebucht. Für diese Reise hatte er eine Reiserücktrittskostenversicherung abgeschlossen. Am Tag des Reiseantritts reiste die Familie mit dem eigenen Fahrzeug zum Flughafen Leipzig-Halle an. Nachdem sie jedenfalls mit dem Einchecken begonnen hatte, erfuhr der Kläger, dass seine – zwei Tage später verstorbene – Schwiegermutter seit dem frühen Morgen diesen Tages im Koma lag. Daraufhin holte er die Koffer zurück und stornierte sofort die Reise. Der Reise­ver­an­stalter berechnete ihm Stornokosten in Höhe von 12.323 DM. Diesen Betrag verlangte der Kläger von der Versicherung zurück.

OLG Dresden bestätigt LG Chemnitz

Die Parteien stritten über die Frage, ob der Kläger vor Reiseantritt zurückgetreten sei oder ob es sich um einen von der Reise­rück­tritts­kos­ten­ver­si­cherung nicht umfassten Reiseabbruch gehandelt habe. Das Oberlan­des­gericht Dresden hat die Klageabweisung des Landgerichts (LG) Chemnitz bestätigt. Außer Streit war in dem gesamten Verfahren, dass mit der unerwarteten schweren Erkrankung der Schwiegermutter des Klägers ein vom Versi­che­rungs­vertrag umfasster Rücktrittsgrund eingetreten war. Auch waren die gerade aufgrund eines solchen Rücktritts entstehenden Stornogebühren des Reise­ver­an­stalters versichert.

Rücktritt muss vor Reiseantritt erfolgen

Jedoch setzt § 1 Nr. 1 der Reise­be­din­gungen der Versicherung für eine Leistungs­pflicht voraus, dass der Rücktritt vor Reiseantritt erfolgt. Dies war vorliegend nicht der Fall. Das Oberlan­des­gericht bestätigte das Landgericht Chemnitz in der Auffassung, dass mit dem Eincheckvorgang die Reise angetreten war, da damit ein Teil der ersten Reiseleistung „Hinflug“ in Anspruch genommen geworden sei. Dies entspreche auch in weiten Teilen der insoweit bereits ergangenen Rechtsprechung. Dabei sei das Einchecken am Flugschalter keine selbständige Reiseleistung, sondern Teil der (ersten) gebuchten Reiseleistung Flug, wobei dahinstehen könne, wann diese Reiseleistung ende und ob Hin- und Rückflug als einheitliche Reiseleistung anzusehen seien.

Einchecken ist bereits Teil der ersten gebuchten Reiseleistung

Genüge für den Reiseantritt auch die nur teilweise Inanspruchnahme der ersten gebuchten Reiseleistung, und betrachte man als solche den (Hin-)Flug mit den gleichsam vorgeschalteten Leistungen (insbesondere Eincheckvorgang), so bedeute dies zugleich, dass die Reise angetreten sei und begonnen habe, wenn das Einchecken seinerseits begonnen worden sei. Dass der Kläger bereits mit dem Einchecken begonnen hatte, habe im zu entscheidenden Fall außer Frage gestanden, da zum Zeitpunkt des Rücktritts bereits sämtliche Koffer auf die Waage gehoben und jeweils auf das Laufband befördert worden waren.

Beginn des Eincheck­vorgangs ist geeigneter und sicher feststellbarer Zeitpunkt für Reiseantritt

Nach Auffassung des Gerichts ist der Eincheckvorgang ein geeigneter, auch nachträglich sicher feststellbarer Zeitpunkt, ab welchem von einem Reisenantritt zu sprechen ist. Diese nach außen klar erkennbare Zäsur sei nicht willkürlich. Vielmehr lasse sich dann, wenn ein derartiges zeitliches Moment wie der Reiseantritt bzw. –beginn für Bestehen oder Ausschluss von Rechten maßgeblich sei, schlechthin nicht vermeiden, dass im Einzelfall der Betroffene mit seinen Ansprüchen ausgeschlossen sei, obwohl er die Wahrung seiner Rechte nur ganz knapp verfehlt habe. Zu einem anderen Ergebnis führe auch nicht die Tatsache, dass der Reise­ver­an­stalter vom Kläger nicht den gesamten Reisepreis verlangt hatte, sondern auf „Stornobasis“ 80 % des Reisepreises abgerechnet hatte. Der Kläger habe sich zwar gerade gegen das Tragenmüssen derartiger „Stornogebühren“ versichert. Gleichwohl sei dieser Umstand kein Indiz dafür, dass die Reise zum Zeitpunkt des Rücktrittes noch nicht angetreten war. Die Frage, ob zum Zeitpunkt der Stornierung die Reise bereits begonnen war, sei nach objektiven Kriterien zu beantworten und nicht danach, wie es der Reise­ver­an­stalter gesehen habe. Denn dieser möge immerhin auch aus Kulanz von der Geltendmachung des gesamten Reisepreises abgesehen haben.

Quelle: ra-online

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