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Dokument-Nr. 12074

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Oberlandesgericht Celle Urteil03.08.2011

Fahrzeuge der Unfallforschung sind keine Sonder­rechts­fahrzeuge nach § 35 StVOAuch bei Vorliegen eines Sonderrechts nach § 35 StVO müssen Verkehrs­vor­schriften eingehalten werden

Kollidiert ein Fahrzeug der Verkehr­s­un­fa­ll­for­schung mit einem anderen Kraftfahrzeug, kann sich die Unfallforschung nicht auf ein Sonderrecht nach § 35 StVO und damit auf eine Freistellung von den Vorschriften der Straßen­ver­kehrs­ordnung (StVO) berufen. Dies hat das Oberlan­des­gericht Celle in seiner Entscheidung bekannt gegeben.

Im vorliegenden Fall ist ein Fahrzeug der Verkehr­s­un­fa­ll­for­schung trotz Rotlichts in einen Kreuzungs­bereich mit Blaulicht und Martinshorn eingefahren und kollidierte inmitten der Kreuzung mit dem bei Grünlicht hinein gefahrenen Pkw des Klägers, an dessen Fahrzeug Totalschaden entstanden ist. Er klagt auf den Restbetrag seines von der gegnerischen Haftpflicht­ver­si­cherung lediglich zur Hälfte regulierten Schadens.

§ 35 StVO für Menschenrettung und Schadens­ab­wendung gedacht

Das Landgericht hatte zu Lasten des Klägers eine Mithaf­tungsquote von einem Drittel angenommen und seiner Klage daher nur teilweise stattgegeben, weil der Führer des Fahrzeugs der Unfallforschung sich auf Sonderrechte nach der StVO habe berufen können. Dem hat der Senat widersprochen. Fahrzeuge der Unfallforschung unterfallen nicht dem in § 35 StVO genannten Kreis der Sonder­rechts­fahrzeuge. Wegen der mit der Wahrnehmung von Sonderrechten verbundenen erheblichen Gefährdungen ist der Anwen­dungs­bereich des § 35 StVO - auch weil er eine Ausnah­me­vor­schrift darstellt - eng auszulegen. So ist er eröffnet, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. Darauf war der vorliegende Einsatz zur Unfallforschung von vorneherein nicht gerichtet.

Sonderrecht nach § 35 StVO nicht gleich Freistellung von jeder Verkehrs­vor­schrift

Der Senat hat weiter entschieden, dass ein Sonderrecht nach § 35 StVO die dadurch Begünstigten zwar an sich von der Einhaltung jeder Verkehrs­vor­schrift freistellt. Diese Sonderstellung gibt ihnen aber keine Vorfahrt gegenüber dem übrigen Verkehr, sondern berechtigt sie nur, von den allgemeinen Verkehrs­vor­schriften mit größtmöglicher Sorgfalt abzuweichen. Danach hätte sich der Führer des Fahrzeugs der Unfallforschung vergewissern müssen, dass die anderen Verkehrs­teil­nehmer seinen Wagen wahrgenommen haben und ihm Vorrang einräumen werden, bevor er sich bei Rotlicht in die Kreuzung hätte hineintasten dürfen.

Erläuterungen

Hinweis:

§ 35 StVO lautet:

(1) Von den Vorschriften dieser Verordnung sind die Bundeswehr, die Bundespolizei, die Feuerwehr, der Katas­tro­phen­schutz, die Polizei und der Zolldienst befreit, soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.

(...)

(5a) Fahrzeuge des Rettungsdiensts sind von den Vorschriften dieser Verordnung befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden.

Quelle: Oberlandesgericht Celle/ra-online

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