18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.
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Oberlandesgericht Braunschweig Urteil01.02.2022

Lineare Berechnung der Nutzungs­entschädigung des Leasinggebers nach Verstoß gegen Trans­pa­renzgebotIn AGB des Leasinggebers befindlicher Prozentfaktor wegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht heranzuziehen

Das Oberlan­des­gericht Braunschweig entschied in einem Berufungsurteil insbesondere über die Frage, wie die Höhe des Nutzungs­er­satzes bei der Rückabwicklung von Leasing­ver­trägen zu bemessen ist.

Ist ein Leasingvertrag über ein Auto rückabzuwickeln, steht dem Leasingnehmer grundsätzlich ein Anspruch auf Rückzahlung der bereits geleisteten Leasingraten zu. Demgegenüber kann der Leasinggeber, also derjenige der das Auto zur Verfügung gestellt hat, Nutzungsentschädigung für die zwischen­zeitlich gefahrenen Kilometer verlangen.

Formularmäßige Festlegung eines Prozentfaktors seitens des Autohauses

Das klagende Unternehmen erreichte aufgrund eines Mangels des von ihm geleasten Fahrzeugs Audi A6 Avant 50 TDI quattro tip-tronic eine Rückabwicklung des Leasing­ver­trages mit der beklagten Leasinggeberin und forderte von dieser anschließend die Rückzahlung der geleisteten Leasingraten.

Die Beklagte rechnete ihrerseits mit der Nutzungs­ent­schä­digung auf und beanspruchte dabei ,67 % des Neupreises pro gefahrenen 1.000 km, wobei dieser Pauschale die Erwartung einer Gesamt­lauf­leistung des Fahrzeugs von 150.000 km zu Grunde liegt. Diesen Prozentfaktor hatte das vermittelnde Autohaus in ein Formular eingetragen, das die Beklagte zur Verfügung gestellt und der Geschäftsführer der Klägerin bei Rückgabe des Fahrzeugs unterschrieben hatte. In diesem Formular befand sich unter Angabe „Prozentfaktor: ,67 %“ ein weiteres Feld „Nutzungs­ent­schä­digung“, das das Autohaus nicht ausgefüllt hatte. Die Beklagte berief sich darauf, der „Prozentfaktor“ sei durch die Unterschrift des Geschäfts­führers der Klägerin rechts­ver­bindlich festgelegt worden.

Vorliegen von Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen

Der Senat entschied, dass dieser Abrede keine Geltung zukomme. Anders als vom Landgericht Braunschweig angenommen handele es sich bei der unterzeichneten Erklärung um Allgemeine Geschäfts­be­din­gungen, welche die Beklagte einseitig für eine Vielzahl von Verträgen festgelegt habe. Um den Vertragspartner vor der einseitigen Inanspruchnahme der Vertrags­ge­stal­tungsmacht zu schützen, unterliegen Allgemeine Geschäfts­be­din­gungen grundsätzlich inhaltlichen Beschränkungen und müssen klar und verständlich formuliert sein.

Unwirksamkeit wegen Verstoß gegen das Trans­pa­renzgebot

Zwar gebe es bei einer Preis- oder Berech­nungs­abrede keine Inhalts­kon­trolle, jedoch habe die Beklagte gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstoßen, weil nur das Feld „Prozentfaktor“ und nicht das Feld „Nutzungs­ent­schä­digung“ ausgefüllt worden sei. Die Formulierung lasse keinen Rückschluss darauf zu, dass sie die Grundlage für die Berechnung der Nutzungs­ent­schä­digung bilde. Es sei außerdem nicht erkennbar, auf welche Bezugspunkte sich der Prozentfaktor beziehe. Auch von einem Geschäftsführer einer Handels­ge­sell­schaft könne nicht verlangt werden, dass er präsentes Wissen über die Einzelheiten der Berechnung einer Nutzungs­ent­schä­digung habe.

Anrechnung nach linearer Berech­nungsweise

Der Senat hat letztendlich die Anrechnung der Nutzungs­ent­schä­digung nach der „linearen Berech­nungs­methode“ vorgenommen. Dabei wird der Kaufpreis des Fahrzeugs zu der voraus­sicht­lichen Restlauf­leistung ins Verhältnis gesetzt und mit der tatsächlichen Fahrleistung des Käufers multipliziert. Die Gesamt­lauf­leistung hat der Senat unter Berück­sich­tigung des statistischen Mittelwerts für das streit­ge­gen­ständliche Fahrzeug auf 300.000 km geschätzt. Die Berück­sich­tigung der höheren Gesamt­lauf­leistung führte letztendlich zu einer erheblichen Reduzierung der geforderten Nutzungs­ent­schä­digung.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: Oberlandesgericht Braunschweig, ra-online (pm/cc)

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