Oberlandesgericht Brandenburg Beschluss01.12.2009
Bei vorhandener kapitalbildender Lebensversicherung hat ein Antragsteller von Prozesskostenhilfe keinen Anspruch auf ProzesskostenhilfeProzesskostenhilfe ist nur gerechtfertigt, wenn das Vermögen unverwertbar oder die Veräußerung wirtschaftlich unvertretbar erscheint
Liegt eine kapitalbildende Lebensversicherung als Vermögen vor, so kann keine von der Allgemeinheit finanzierte Prozesskostenhilfe beantragt werden. Voraussetzung für die Gewährung einer solchen Unterstützung ist die Unzumutbarkeit der Vermögensverwertung, beispielsweise die Gefährdung der Altersversorgung. Dies geht aus einer Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts hervor.
Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, ob Personen, die über Versicherungen verfügen, die sie sich jederzeit auszahlen lassen können, ein Recht auf Prozesskostenhilfe geltend machen können.
Allgemeinheit muss Antragsteller nicht den Aufbau oder Erhalt von Vermögen finanzieren
Das Brandenburgische Oberlandesgericht entschied, dass der vorliegende Beschluss des Amtsgerichts Senftenberg, mit dem die Bereitstellung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wurde, begründet sei. Die Gegnerin dieses Beschlusses müsse die bestehenden Rückkaufswerte ihrer kapitalbildenden Lebensversicherung zur Begleichung der Prozesskosten einsetzen. An die Zumutbarkeit der Verwertung des Vermögens gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO seien keine hohen Anforderungen zu stellen. Es sei nicht Aufgabe der Allgemeinheit, dem Antragsteller den Aufbau oder Erhalt von Vermögen zu finanzieren. Nur wenn das Vermögen unverwertbar sei, beispielsweise unpfändbar nach §§ 811, 812 ZPO, oder wenn die Veräußerung wirtschaftlich unvertretbar erscheine, sei in Ausnahmefällen die Zumutbarkeit zu verneinen.
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Kapitaleinbußen müssen hingenommen werden
In aller Regel sei der Einsatz jedoch auch dann zumutbar, wenn mit der vorzeitigen Kündigung der Versicherung Einbußen verbunden seien. Die hiermit einhergehenden Nachteile würden in die Risikosphäre des Antragstellers fallen. Andernfalls könne der Beteiligte durch manipulative Festlegung von Geldern zu Lasten der Allgemeinheit Vermögenswerte anhäufen. Bei Ansparungen jeglicher Art, auch Lebensversicherungen, bei denen ein Kapitalbetrag zur Auszahlung vorgesehen oder aufgrund eines fälligen Kapitalwahlrechts zur Auszahlung gelangen könne, sei der Einsatz uneingeschränkt zumutbar.
Charakter der Altersvorsorge einer kapitalbildenden Lebensversicherung ist zu bezweifeln
Der Begriff der Unzumutbarkeit beschreibe einen Ausnahmefall. Erst wenn der Versicherte aller Voraussicht nach zwingend auf die vorhandenen Versorgungen zur Absicherung seines Bedarfs im Alter angewiesen sei, könne von einer Unzumutbarkeit der Verwertung ausgegangen werden. Im vorliegenden Fall sei zum einen der hohe Wert der vorhandenen beiden Kapitallebensversicherungen von über 26.000 Euro Rückkaufswert zu bedenken. Zur Begleichung der Prozesskosten brauche die Antragsgegnerin lediglich einen Teil dieser Versicherung, weshalb sie diese nicht einmal vollständig auflösen müsse, vielmehr eine Beleihung in Betracht ziehen könne. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass es sich hier um kapitalbildende Lebensversicherungen und nicht um Rentenversicherungen handele. Der Charakter der Altersvorsorge sei damit in Zweifel zu ziehen. Erst recht sei die Verwertung der Lebensversicherung zumutbar, weil die Betroffene bereits auf andere Weise neben den vorhandenen gesetzlichen Rentenversorgungsrechten eine Altersvorsorge betreibe. So sei sie Alleineigentümerin einer Doppelhaushälfte, woraus sie im Grundsatz ihren Wohnbedarf im Alter decken könne.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.06.2012
Quelle: Oberlandgericht Brandenburg/ ra-online